Olching:Multitasking auf dem Bauernhof

Der Tag der offenen Tür bei den Hartls in Esting zeigt, dass Landwirte sich nicht nur im Stall oder auf dem Feld auskennen müssen, sondern auch in Handwerksberufen und bei der Vermarktung. Vor einem Jahr hat der Familienbetrieb zudem einen Hofladen eröffnet

Von Stefan Salger, Olching

Der Apfel fällt einem Sprichwort zufolge nicht weit vom Stamm. Am Sonntag stehen Stamm und Apfel auf dem gekiesten Geviert zwischen Hoflafen und Bullen- sowie Pferdestall nebeneinander - in karierten Hemden und Lederhosen. "Da hat's g'rad die Sicherung der Kühlung rausg'hauen", sagt Franz Hartl, 57, zu seinem Sohn Josef, 33. Grund genug eigentlich für ordentlich Stress. Denn für die Hartls ist es eine Premiere. Zum ersten Hoffest der Familie sind um die Mittagszeit herum sicherlich 500 Gäste da. Die meisten sitzen beim Essen in der großen Halle, in der vorne die Edelweißkapelle aus Einsbach aufspielt und hinten die Landfrauen Kuchen ohne Ende auffahren. Andere flanieren zwischen den Ständen von Jungbauernschaft, Bauernverband oder Landwirtschaftlichem Wochenblatt oder sehen sich die ausgestellten Traktoren an.

An so einem sonnigen Tag mit sommerlichen Temperaturen müsste der Puls von Vater und Sohn angesichts einer ausgefallenen Kühlung also hochgehen. Fehlanzeige: Juniorchef Josef Hartl bringt die Sache in Ordnung und steht keine fünf Minuten später wieder neben seinem Vater. Premieren oder technische Probleme sind für das Gespann Routine, das bringt sie längst nicht mehr aus der Ruhe. Neudeutsch würden die beiden Männer als Tausendsassas durchgehen. Der Bauernhof an der Schloßstraße zwischen Esting und Emmering ergänzt den "Stammbetrieb" an der Römerstraße. In den zurückliegenden Jahren hat die Familie ordentlich Geld in die Hand genommen und investiert: 2002 wurde bereits die große Halle neu gebaut, 2013 folgten dann Rindermaststall, Wohnhaus und Hofladen. Die Hartls bewirtschaften 70 Hektar. Die Hälfte davon ist Grünland, auf sechs Hektar werden Kartoffeln angebaut. Im Stall stehen 80 Bullen, für die das Futter selbst erzeugt wird, an der Römerstraße werden zudem Hühner gehalten. Wie ist das alles zu schaffen?

"Nur dann, wenn die ganze Familie mitzieht", sagt Josef Hartl. Seine Frau Sabine steht da gerade im Hofladen. Und seine Mutter Christa packt auch an, wo es erforderlich ist. Kaum zu glauben, dass Vater und Sohn auch noch andere Berufe ausüben: Josef Hartl arbeitet vier Tage die Woche noch als Kraftfahrzeugmechaniker, Franz Hartl fährt an zwei Tagen die Woche noch Produkte von Unser Land aus. Immerhin hat der Regionalvermarkter, dem auch Brucker Land angehört, seine Zentrale gleich nebenan.

Der Juniorchef, der mit 22 Jahren das Bildungsprogramm Landwirtschaft als Landwirtschaftsgeselle abgeschlossen hat, will den Betrieb der Eltern einmal fortführen. Seine Überzeugung: Wer flexibel und innovativ ist und keinen gesteigerten Wert auf einen Job mit geregelten Arbeitszeiten legt, für den kann die Landwirtschaft sehr wohl ein Traumberuf sein. Das sieht sein Vater ähnlich. Die Unabhängigkeit wiegt für ihn die viele Arbeit auf. "Ich würde es heute noch mal so machen", sagt Franz Hartl. Dabei wollte er zunächst aus der Landwirtschaft aussteigen - bis er seine Frau kennenlernte, die ebenfalls aus einer Landwirtsfamilie stammt. Auch der Schwiegervater habe ihm zunächst eher abgeraten, doch Franz Hartl entschied sich letztlich doch für diesen sehr naturverbundenen Beruf. Als es um die Neubauten an der Schloßstraße ging, da hatte er zwar einige schlaflose Nächte. Heute aber ist er zuversichtlich - mögen ihm auch die Preise bei Getreide, Milch und Kartoffeln, die sich im freien Fall zu befinden scheinen, sowie die EU-Agrarbürokratie durchaus Sorgen bereiten. "Wir haben drei Standbeine, die Landwirtschaft, unsere anderen Arbeiten und den Hofladen, das sieht doch eigentlich ganz gut aus und sollte reichen."

Gut sieht auch der kleine, schmucke Hofladen aus, der vor einem Jahr eröffnet worden ist. In den Regalen stehen neben den selbst produzierten Erzeugnissen wie Eiern, Kartoffeln oder Fleisch auch die Produkte von Unser Land. Die Kundschaft nehme das Angebot gut an, sagt Josef Hartl. Ein Hoffest wie jenes am Sonntag, so die Hoffnung, könnte bei noch mehr künftigen Kunden das Interesse wecken.

Das erscheint plausibel: Mittags sitzen Steffi, 29, und Robert Schmidt, 31, auf der Bank vor dem Hofladen und genießen die Sonne. Sie sind mit der vierjährigen Nachbarstochter Angelina und ihrem dreijährigen Sohn Leonard aus Neuesting hergeradelt. Für die Kinder sind vor allem die Ochsen und die beiden alten Bulldogs hinter der Halle eine Attraktion. Steffi und Robert Schmidt denken aber schon weiter. Sie legen Wert auf Produkte aus der Region und haben bislang regelmäßig auf dem Olchinger Wochenmarkt eingekauft. Der Hartlhof gefällt ihnen. Gleiches gilt für die Angebotspalette im Hofladen, den sie an diesem Tag erstmals entdeckt haben.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: