Olching:Mit Autopilot und Turbine

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Bei der Heli-Flugschau in Olching kreisen Modelle am Himmel, die mehr kosten als ein Kleinwagen. Etwa 3000 Besucherverfolgen an den beidenTagen die Vorführungen.

Karl-Wilhelm Götte

Der Platzsprecher der Heli-Flugschau veranschaulicht die Sache mit einem gewagten Vergleich: "Da oben fliegt ein Polo." Dann empfiehlt er: "Verkaufen Sie ihr Auto, dann können Sie sich das leisten." Einige Männer auf der Wiese an der Olchinger Johann-Gutenberg-Straße schauen fast ungläubig, als sie den Preis für den gerade hundert Meter hoch fliegenden Modellhubschrauber hören. "12 000 Euro fliegen da oben", klärt der Sprecher auf. Den mitgekommenen Ehefrauen wird leicht mulmig zumute: Könnte der Gatte die Familienkutsche gegen einen "Bell 230" eintauschen und damit im Bastelkeller verschwinden?

Diesen "Bell 230", einen Hubschrauber der Firma Boeing, hat Anton Meindl aus Landshut innerhalb von drei Monaten originalgetreu nachgebaut. Ein so detaillierter Nachbau ist der Ehrgeiz eines jeden Hubschrauberbastlers. Meindl hat seit 35 Jahren dieses Hobby und hat alle Entwicklungen im Modellbau mitgemacht. Der größte Fortschritt ist die Elektronik, die die Helis jetzt computergesteuert fliegen lässt. "Wir stabilisieren die drei Achsen des Hubschraubers", erläutert Joachim Eulefeld von der Firma Captron, dem Veranstalter der Flugschau. Dabei hält er einen Laptop in der Hand und zeigt auf ein kleines blaues Kästchen mit dem Steuerungssystem, den so genannten Heli-Command.

Die Elektronik veranschlagt Meindl jedoch nur mit 400 Euro. "Die Turbine ist das Teuerste, die kostet 6000 Euro", erzählt der Landshuter, der nach seinem Schauflug bei der Landung per Fernbedienung die roten Lämpchen aufleuchten lässt. Auch die Piloten als kleine Puppen sind zu erkennen. Meindl hatte vor allem beim Start seine Turbine aufheulen lassen, auf Loopings und Kunststückchen verzichtet er dagegen weitgehend. Aber sein 2,50 Meter langer "Bell 230" fliegt sehr hoch. "Der schafft problemlos 500 Meter", sagt der Pilot.

Etwa 3000 Besucher, so die Schätzung des Veranstalters, verfolgen an den zwei Tagen bei bestem Flugwetter die Vorführungen. Etwa 30 Modellbauer aus ganz Deutschland sind nach Olching angereist. Bei den meisten Modellen handelt es sich um Nachbauten ziviler Helikopter, auch von der New Yorker Feuerwehr oder der deutschen Polizei. Der militärische Anteil ist bis auf einen Bundeswehrhubschrauber und einen der US-Marines eher unbedeutend. Einstiegsmodelle gebe es schon für 70 Euro samt Fernbedienung, so Werner Bachmann von der in Olching ausstellenden Ottobrunner Modellbaufirma. Dieses Hobby sei also nicht zwangsläufig teuer. Seine Firma bietet auch Flugstunden an - fünf bis zehn seien für Anfänger empfehlenswert.

Von den Besuchern dicht umlagert ist die gelbe "Boeing 107 Columbia", die Johann Viehauser aus Schwandorf im Maßstab 1:6 nachgebaut hat. "So wie der Heli dasteht, hat er mich 26 000 Euro gekostet", erzählt der Oberpfälzer. Viereinhalb Meter ist sein Modell lang und verfügt über zwei große Rotorblätter. Das Original bietet sicherlich zwei Dutzend Passagieren Platz.

Jeden Tag ist Viehauser mit seinem Heli-Modell beschäftigt. "Das ist eine Sucht", räumt er unumwunden ein. Süchtig nach Erfolg sind die beiden jungen Piloten Steffen Richter und Jo Kaulbach, die den Zuschauern ihre Steuerungskünste vorführen. Sie betreiben das Modellhelikopterfliegen als Wettkampf und nehmen bereits an Weltmeisterschaften teil. Der 17-jährige Richter aus dem Sauerland und der 19-jährige Kaulbach aus Rüdesheim gehören zum Firmenteam des Marktführers im Hubschraubermodellbau. Pirouetten-Loop, Freestyle und eine Musikkür, jeweils zwei bis vier Minuten lang, werden Mitte September bei den German Heli Masters in Augsburg von den beiden Piloten verlangt. Abends trainiert Kaulbach mit seinem Modell "Align T-Rex 700". Tagsüber schraubt er als Fluggerätemechaniker an richtigen Hubschraubern herum.

© SZ vom 22.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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