Olching:Gemeinsam auf dem Klageweg

Asylhelfer unterstützen afghanische Flüchtlinge, denen die Abschiebung droht. Um die Prozesskosten zu decken, sind allerdings Spenden notwendig

Von Julia Bergmann, Olching

Gerade junge männliche Afghanen, die im Landkreis leben, erreichen momentan immer häufiger Abschiebe-Bescheide, berichtet der Asylhelferkreis Olching. Die einzige Möglichkeit der Schutzsuchenden, ihre Abschiebung zu verhindern, ist, gegen den Bescheid zu klagen. Nur so können sie eine erneute richterliche Einzelfallprüfung erwirken. Weil eine Regelung im Asylrecht zur Folge hat, dass die Asylsuchenden die Kosten für ein solches Verfahren selbst tragen müssen, viele von ihnen aber kein ausreichendes Einkommen haben, sammelt der Olchinger Helferkreis Asyl nun Spenden für Betroffene.

Georg Draude, der beim Helferkreis bisher auch für die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen zuständig war, kennt allein zehn Fälle im Landkreis, in denen Afghanen Abschiebe-Bescheide bekommen haben. Als Folge des EU-Abkommens mit Afghanistan, das die Abschiebung in vermeintlich sichere Regionen des Landes ermöglicht, würden fast täglich neue Bescheide eintreffen, berichtet Draude. Würden sich die Betroffenen für eine Klage entscheiden, lägen die Anwaltskosten Draudes Schätzungen nach etwa bei 1000 bis 1500 Euro pro Fall. Dass eine erneute Einzellfallprüfung in vielen Fällen sinnvoll sein kann, davon geht Draude aus. Er ist der Meinung, dass viele Flüchtlinge unvorbereitet in ihre erste Anhörung gingen und deshalb viele Asylanträge abgelehnt würden. Er ist sich sicher, im Zuge einer neuen Prüfung könne man Betroffene mithilfe spezialisierter Anwälte besser auf Fragen zu persönlichen Fluchtgründen vorbereiten.

In drei Fällen hat der Helferkreis bereits juristischen Beistand vermitteln können. Die Olchinger Gruppe habe ein gewisses Polster an nicht sachgebundenen Spenden, das die Kosten für diese Verfahren abdecke, "aber wir erwarten in Olching vermehrt solche Bescheide", erklärt Draude. "Wir sagen den Flüchtlingen natürlich auch, dass sie sich finanziell beteiligen müssen", erklärt er. Aber weil Asylsuchenden mit geringer Bleibeperspektive seit einiger Zeit keine Arbeitserlaubnis mehr erteilt wird, müssten viele Betroffene die Kosten von ihrem reduzierten Hartz-IV-Satz aufbringen. "Unmöglich", meint Draude.

"Afghanistan ist in meinen Augen alles andere, als ein sicheres Herkunftsland", betont der Asylhelfer außerdem. Das zeige etwa der Fall eines 18 Jahre alten Flüchtlings, den Draude einst mitbetreut hat und der mittlerweile in München lebt. "Er ist aus Afghanistan geflohen, weil sein Bruder von den Taliban getötet wurde, weil er für amerikanische Truppen gearbeitet hat", erklärt der Asylhelfer. Dass der junge Mann nun ebenfalls gefährdet sei, wenn er in seine Heimat zurückkehre, sei wahrscheinlich, meint Draude. Trotzdem erhielt er einen Abschiebe-Bescheid.

Der 18-Jährige hat sich jetzt entschieden, zu klagen. "Auch das ist für viele Flüchtlinge keine leichte Entscheidung", erklärt Draude. Immerhin steht im Bescheid, dass man die Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland richten muss. "Das kostet natürlich Überwindung, wenn man aus einem totalitären Regime kommt." Übrigens, so erzählt Draude weiter, sei der 18-Jährige mittlerweile bestens integriert, er spreche hervorragend deutsch und englisch und sei auch im Sport sehr aktiv und auch "in der Bayernliga unterwegs". Die Sportart will der Asylhelfer nicht verraten, der junge Mann soll anonym bleiben. Der 18-Jährige engagiere sich mittlerweile sogar als Trainer und habe vor Kurzem auch einen Ausbildungsplatz als Feinwerkmechaniker angeboten bekommen. So lange das Verfahren in der Schwebe ist, wird der Mann zwar nicht abgeschoben, mein Draude. Allerdings könne er wohl auch kaum seine Ausbildung beginnen, weil er nach Ansicht der Behörden keine Bleibeperspektive habe und somit keine Arbeitserlaubnis bekomme. Sein Verfahren könne sich allerdings noch über Monate hinziehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: