Olching:Frühjahrsduft in der Novemberluft

Olching: Lebende-Werkstatt-Olching, Kom

Erwin Scheller zeigt im Olchinger Kom, wie er Messer herstellt. Er hat die lebende Werkstatt ins Leben gerufen.

(Foto: Johannes Simon)

Kunsthandwerkliches und Künstlerisches lockt Besucher zu den lebenden Werkstätten im Kom Olching

Von Valentina Finger, Olching

Passend zum nahenden Advent liegen neben den Plätzchenformen die ausgestochenen Sterne. Es duftet nach Zitrusfrüchten und Lavendel, eher nach Wellness als nach Weihnachten. Das liegt daran, dass die Sterne nicht aus Plätzchenteig, sondern Naturseifen sind. Handgemacht sind sie aber, verziert mit Nixen, Kätzchen und viel Liebe zum Detail. Der Seifenstand ist der erste, an dem man auf der Lebenden Werkstatt vorbeikommt. Die Kunst- und Kunsthandwerksausstellung fand am vergangenen Wochenende zum 13. Mal im Kulturzentrum am Olchinger Mühlbach (Kom) statt.

Von Anfang an ist der Messermacher Erwin Schneller mit dabei. Er hat die lebende Werkstatt ins Leben gerufen. Mit einem Freund hat er seine Messer damals in Fürstenfeldbruck ausgestellt. Ihnen sei langweilig gewesen, erinnert er sich. Deswegen hätten sie an ihren Objekten herumgefeilt. Eine Besucherin habe ihrer Begleitung dann zugeraunt: "Schau mal, lebende Werkstatt." Für Schneller war das die Idee. Er begann, Künstler aus der Umgebung für eine gemeinsame Ausstellung zusammenzutrommeln. Mittlerweile stellt Schneller selbst nur noch etwa drei bis vier Messer pro Jahr her. Die Organisation der lebenden Werkstatt hat er an Lydia Kafka abgegeben.

Sie und ihr Mann Robert Hilgart fertigen Design-Objekte aus Treibhölzern ausschließlich von griechischen Küsten an. Drei bis sechs Monate verbringt das Paar jährlich in Griechenland. Alle Holz-Arbeiten seien "selbst gesucht, selbst gefunden und selbst gestaltet", sagt Hilgart: "Wenn ich an den Strand gehe, komme ich nie ohne Hölzer zurück." Was dann mit diesen passiert, zeigt er auf einem Tisch neben den Ausstellungsstücken: Poröses Treibholz wird so lange bearbeitet, bis nur der harte Kern übrig bleibt.

Jennifer Petz macht Abdrücke des Alltags. Mit Spiritus und Glycerin hat sie das Rezept für Gelatine so aufgepeppt, dass diese von der Glibbermasse im Erdbeerkuchen zu einer festen Substanz, ähnlich der von Fruchtgummis, wird. Geformt zu einer Druckplatte lassen sich damit komplexe Bilder aus Blättern, Zwiebelnetzen oder Schablonen aller Art herstellen. "Ich finde, man sollte für Kunst öfter mal Materialien verwenden, die nicht so teuer sind. Dann hat man keine Hemmungen, einfach mal was auszuprobieren", sagt Petz.

Während im Erdgeschoss gedrechselt, poliert und gefädelt wird, sind die Aussteller im ersten Stock am Sticken, Nähen und Spinnen. Außerdem wird fotografiert. Melissa Mago hat beide Hände voll damit zu tun, zwei Buben weihnachtlich im Schlitten zu arrangieren. Die Olchinger Fotografin ist auf Kinderfotos spezialisiert. Wie sie Deko-Sterne und Kids spielerisch zu einem Bild zusammenführt, ist ein Spektakel, dass eine Besucher-Traube um sie schart. Ganz andere Fotos macht Luis Barrios-Otero aus Gröbenzell. Für ihn gehe es darum, zu zeigen, was hinter einer künstlichen Pose steckt. Wen er mit der Kamera festhält, der bekommt nicht nur ein Foto von sich selbst, sondern eine Kombination aus Foto und Gemälde, "eine neue Realität", so Barrios-Otero.

Die originellsten Arbeiten zeigt Mariele Berngeher. Auf Postkarten, Streichholzschachteln und in unglaublicher Winzigkeit auf Ziffernblätter malt die Olchingerin filigrane Szenerien, die oft ihren Heimatort darstellen: "Die vielen Stunden, die ich mit malen verbringe, sind ein schöner Kontrast zur schnelllebigen Zeit. Das ist wie Runterkommen."

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