Olching:Die verlärmte Stadt

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Nach Einschätzung einer Gutachterin leidet Olching vor allem in den Nachtstunden stark unter dem Verkehr auf Autobahn, Bundesstraße und Schiene. Doch offenbar fehlt es an belastbaren Messergebnissen

Karl-Wilhelm Götte

Ewald Zachmann, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler, wirkte nach dem Vortrag von Stadtplanerin Sandra Urbaniak richtig aufgekratzt: Da müsse man "über die Sinnhaftigkeit der Südwest-Umfahrung nachdenken", denn mit der werde nichts gelöst. Die von der Stadtratsmehrheit aus CSU und SPD favorisierte Umfahrung war gar nicht das Thema von Urbaniak. Doch das Resümee der Planerin über die Belastung, die der Straßen- und Bahnverkehr Olching einbringt, hatte es in sich. Das Stadtgebiet sei "verlärmt", so Urbaniak vor dem Ortsentwicklungsausschuss, der sich mit der Neuaufstellung des Flächennutzungsplans zum Thema Verkehr beschäftigte.

Unter Dauerlärm, wie hier von der Bundesstraße 471, leiden die Olchinger. Doch den Verkehr aussperren können sie nicht. (Foto: Johannes Simon)

Urbaniak rief den Stadträten in Erinnerung, dass Olching von der Autobahn A8 und von der B471 umschlossen ist. Auf der Autobahn fahren nach Verkehrszählungen täglich 80 000 Fahrzeuge, auf der B471 werden an Spitzentagen 19 000 bis 40 000 Fahrzeuge gezählt. Der zulässige Verkehrslärm-Orientierungswert, bis zu dem eine Wohnbebauung wie in Geiselbullach oder Esting noch zulässig ist, liegt bei 59 Dezibel. Der werde bei der Autobahn erreicht, so die Planerin. Auf der B471 liege er erheblich darüber und erreiche teilweise einen Spitzenwert von 75 Dezibel. 250 Menschen müssten in Olching eine Dauerlärmbelastung von 70 Dezibel aushalten. Bei einem Dauerschallpegel von 65 Dezibel gilt Lärm als gesundheitsschädlich. Diese Werte, schränkte Urbaniak ein, seien jedoch keine Messwerte, sondern Daten aus dem Lärmkataster des Bayerischen Landesamtes für Umweltschutz, die sich auf Straßen und ein Verkehrsaufkommen dieser Art beziehen. Die umfangreichen Lärmschutzmaßnahmen an der B471 sind bei diesen Daten nicht berücksichtigt.

Auf der Fürstenfeldbrucker Straße, Roggensteinerstraße, Dachauer sowie Münchner Straße sind täglich bis zu 19 000 Fahrzeuge unterwegs. Dazu kommen die Züge: Auf der Trasse mit zwei Haltestellen in Olching und sechs Gleisen fährt nicht nur die S-Bahn, sondern es rollt dort auch der gesamte Personen- und Güterverkehr zwischen Augsburg und München. Dieser Streckenabschnitt ist einer der am stärksten befahrenen in ganz Deutschland. Besonders der nächtliche Güterverkehr ist nach Einschätzung Urbaniaks problematisch. Entlang einer rund 300 Meter langen "Lärmschneise" ist die Nachtruhe nicht gewährleistet - kann doch ein Mensch nach einschlägigen Erfahrungen nur bis 20 Dezibel ungestört schlafen. Die Daten aus dem Lärmkataster weisen an der Bahntrasse eine Lautstärke von 49 Dezibel aus. Allerdings, so die Planerin, sind auch hier die Lärmschutzmaßnahmen nicht berücksichtigt worden. Wie viele Dezibel letztendlich bei den Olchinger ankommen, könne deshalb nicht gesagt werden. Die Deutsche Bahn sieht auch keine Veranlassung, entsprechende Messungen vorzunehmen.

Verursacht durch Autos, Lastwagen und Züge, könnten nachts in Olching bis zu 14 000 Menschen mit einem Lärmpegel von 49 bis 70 Dezibel beschallt werden - die Lärmschutzmaßnahmen nicht eingerechnet. Tagsüber sind es mit 12 000 Menschen etwas weniger. "Was tun wir für die Menschen, die Tag und Nacht über die Grenzwerte belastet sind?", fragte Zachmann in die Ausschussrunde. Ortsentwicklungsreferent Martin Keim (SPD) schlug in die gleiche Kerbe.

Bauamtsmitarbeiterin Stephanie Kulosa teilte mit, dass die Stadt von der EU wiederholt aufgefordert worden sei, einen Aktionsplan zur Lärmminderung zu erstellen. Diese Aufforderung hat die erstaunten Stadträte offenbar bisher nicht erreicht.

© SZ vom 30.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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