Olching:Aufholbedarf bei den Löhnen

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Erzieherin Anja Groen erklärt, warum der Streik wieder Kitas in Olching getroffen hat

Von Julia Bergmann, Olching

Für den Ärger und die Ängste der Eltern hat Anja Groen Verständnis, auf die Straße gegangen ist die Erzieherin am Dienstag beim Warnstreik im öffentlichen Dienst trotzdem. "Weil wir wollen, dass sich etwas ändert", sagt die Mitarbeiterin des Kindergartens Kunterbunt, der am Dienstag wegen des Streiks geschlossen blieb. Was sich ändern muss, war für viele Eltern und auch für Vertreter der Stadt am Dienstag unklar. Dass schon wieder gestreikt wurde, wieder in Olching und wieder in Kitas, bezeichneten viele als ärgerlich. Immerhin hatte es ja erst im vergangenen Jahr einen vierwöchigen Arbeitskampf der Erzieherinnen gegeben. Bei den Eltern herrschte die Meinung vor, die Erzieherinnen würden nach dem Streik bereits besser bezahlt, außerdem seien auch die Kita-Gebühren in Olching gestiegen. Bei der Stadt wurde obendrein mit der kürzlich eingeführten Ballungsraumzulage argumentiert. So entstand schnell das Bild der ungenügsamen Erzieherinnen. Nur darum geht es nicht, betont Anja Groen.

"Letztes Jahr ging es rein um die Eingruppierung der Angestellten im Sozial- und Erziehungsdienst", sagt sie. "Jetzt ist es eine ganz normale Tarifrunde im öffentlichen Dienst." Obwohl sich am Ende auch die Eingruppierung auf den Lohn der Angestellten niederschlägt, greift das Argument, dass Erzieherinnen nach dem langen Streik 2015 bereits mehr verdienen nicht. "Nicht für alle Kollegen hat sich im letzten Jahr etwas am Lohn geändert", sagt Groen. Das bestätigt Brigitte Zach, Landesfachbereichsleiterin Gemeinden bei Verdi. "Man muss es immer auf den einzelnen herunterbrechen", sagt sie. Einige hätten ein gutes Los gezogen, andere weniger. Die Tarifstruktur sei recht komplex. Experten hätten drei Monate gebraucht, um die Neuerungen schriftlich zu fixieren. Unterm Strich wurden zwar neue Stufen zur Eingruppierung geschaffen, aber es gibt Konstellationen, die dazu führen, dass nicht jeder Angestellte im Sozial- und Erziehungsdienst auch in eine höhere Stufe rutscht. Und das Gehalt variiere auch innerhalb der Berufsgruppen.

Heinrich Birner, Verdi-Geschäftsführer für München und Region, betont außerdem, man habe zwar mit dem Streik im vergangenen Jahr einen ersten wichtigen Schritt zur Aufwertung des Berufs erreicht, aber das Ergebnis sei dennoch unbefriedigend ausgefallen. "Wir haben nur einen kleinen Teil von dem erreicht, was wir wollten", sagt Birner. "Die Unzufriedenheit aus vergangenen Runden wirkt fort", erklärt er. Deshalb seien auch die Erzieherinnen bei diesem Ausstand, in dem es um sämtliche im öffentlichen Dienst Angestellte geht, mit auf die Straße gegangen.

Dass die Kitas in Olching in Zukunft wieder wochenlang geschlossen bleiben könnten, glaubt Birner nicht. "Wir wollen keine langen Streiks mehr." Man habe den Arbeitgebern in den vergangenen Tagen lediglich den Ernst der Lage begreiflich machen wollen, bevor am Donnerstag die dritte Verhandlungsrunde beginnt. Dass es bei dem einen Streiktag bleibt, hofft auch Anja Groen. "Der Streik ist auch nichts Persönliches gegen die Eltern", betont sie. Es geht um mehr. Im öffentlichen Dienst seien die Angestellten ganz allgemein unterbezahlt. Es könne nicht sein, dass jemand zwei Jobs annehmen müsse, um in Olching gut über die Runden zu kommen. "Und in den vergangenen Jahren hatten wir jedes Jahr einen Reallohnverlust. Der ist immer noch nicht ausgeglichen", sagt sie. Dass es nun die Ballungsraumzulage in Olching gibt, bewertet Groen als positiv. Trotzdem müsse man mit dem Gehalt einer Erzieherin immer noch gut rechnen können, um durch den Monat zu kommen.

© SZ vom 28.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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