ÖPNV:Im Ruf-Taxi durch die Nacht

Taxi-Zentrale Puchheim

In der Zentrale der Firma Seiler wird das Ruf-Taxi zwischen 20.30 und 5.30 Uhr koordiniert.

(Foto: Günther Reger)

Das zusätzliche Angebot im öffentlichen Nahverkehr, wenn Busse nicht mehr fahren, wird gut angenommen. In diesem Jahr werden 100 000 Fahrgäste erwartet

Von Karl-Wilhelm Götte, Puchheim

Dorde Radetic sitzt vor zwei großen Bildschirmen. Es ist Samstag kurz nach 22 Uhr, und auf dem linken Schirm bauen sich immer mehr bunte Einträge auf. Das sind Bestellungen eines MVV-Ruf-Taxis für die Nacht, die Radetic aus der Taxi-Zentrale in Puchheim nach und nach den Taxi-Fahrern der Firma Zeiler draußen im Landkreis Fürstenfeldbruck zuordnet. Auf dem rechten Bildschirm sieht Radetic per GPS genau, wo sich jedes Taxi gerade aufhält. Eines hat soeben am Bahnhof in Türkenfeld vier Personen abgeholt und fährt sie nach Fürstenfeldbruck. "Sie sind gerade an Kottgeisering vorbeigefahren", sagt Radetic und zeigt auf den Punkt auf dem Bildschirm mit der Taxinummer.

Das MVV-Ruf-Taxi fährt dann, wenn keine S-Bahn oder kein Bus mehr fährt, also nachts und an Wochenenden. Radetic sitzt zusammen mit sechs weiteren Kollegen in einem Büro der Zeiler GmbH im Puchheimer Gewerbegebiet. Alles wirkt hoch professionell. Die Mitarbeiter haben um 20.30 Uhr angefangen zu arbeiten und bleiben bis morgens um 5.30 Uhr am Platz. Noch ist es relativ ruhig in der Zentrale. "Unsere Spitzenzeit ist zwischen 24 Uhr und zwei Uhr morgens", erläutert Firmenchef Thomas Zeiler. "Dann haben wir 14 Fahrzeuge draußen." Auch zwischen vier und fünf Uhr am Sonntagmorgen, wenn die Diskotheken schließen, ist noch einmal viel los.

Auch Hermann Seifert, der ÖPNV-Verantwortliche im Brucker Landratsamt, ist an diesem Abend in der Ruf-Taxizentrale. Er ist hoch zufrieden mit dem, was er dort sieht. "Wir sind sehr stolz darauf, dass wir rund um die Uhr öffentlichen Nahverkehr anbieten können." Die Fahrgastzahlen mit dem Ruf-Taxi sind dann auch in diesem Jahr nach oben geschnellt. "Exakt 9047 Fahrgäste wurden im Oktober 2017 gezählt", berichtete Seifert. "Das sind über 4000 Taxifahrten." Als die Firma Zeiler das MVV-Ruf-Taxi vor zweieinhalb Jahren übernahm, waren es noch 1800 Fahrten gewesen. In diesem Jahr nähern sich die Fahrgastzahlen schon der Marke von 100 000. Die Prognosen lagen weit darunter: 30 000 Fahrgäste waren vor zwei Jahren für 2017 angepeilt worden.

Die Erfolgsgeschichte des MVV-Ruf-Taxis ist offenbar kaum aufzuhalten. "Der Sonntag ist der stärkste Tag", bestätigt Seifert. "Ab acht Uhr morgens geht es durchgehend richtig los." Spitzenreiter bei den Fahrgastzahlen ist Puchheim-Gröbenzel-Olching. In Olching lassen sich die Beschäftigten von Amazon vom S-Bahnhof per Ruf-Taxi zu ihren Früh- und Nachschichten fahren. "Germering könnte noch besser sein", meint Seifert. Auch dort kann jeder Fahrgast von jeder Bushaltestelle zu jeder Bushaltestelle in den busfreien Zeiten gefahren werden. Es gilt für alle Taxifahrten der MVV-Tarif, allerdings ohne den Kurzstreckentarif. Also müssen bei einer Taxifahrt mindestens zwei Streifen entwertet werden. "Alle Arten von MVV-Fahrkarten werden von den Taxifahrern auch verkauft", unterstreicht Thomas Zeiler, der 25 Fahrzeuge aus seinem Fuhrpark, darunter auch viele Kleinbusse, für das Ruf-Taxi reserviert hat. Bedingung für die Benutzung des Taxis ist eine telefonische Bestellung unter der Nummer 089/840 05 07 desselben 40 Minuten vor der Abfahrtszeit. Auch eine Online-Bestellung ist möglich. Der Landkreis lässt sich das Ruf-Taxi 1,1 Millionen Euro jährlich kosten. Der Vertrag mit der Zeiler GmbH läuft bis Ende 2019. Eine europaweite Neuausschreibung steht demnächst an. Seifert: "Zeiler hat gute Chancen, wieder den Zuschlag zu bekommen, weil er die Infrastruktur aufgebaut und viel Erfahrung gesammelt hat."

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