OB-Wahl in Fürstenfeldbruck:Das Online-Quartett

Mit kurzen Videos im Internet gehen vier der Bewerber um das Amt des Brucker Oberbürgermeisters auf Stimmenfang. Die Bandbreite reicht dabei vom relativ professionellen Dreh bis hin zum ungeschnittenen Einmal-Draufhalten

Von Florian J. Haamann, Fürstenfeldbruck

Viel Zeit bleibt den Bewerbern ums Brucker Oberbürgermeisteramt nicht mehr. Bis zum 7. Mai müssen sie die Menschen von sich überzeugen. Vier der Kandidaten, Erich Raff, Philipp Heimerl, Martin Runge und Thomas Lutzeier, haben nun entdeckt, dass man auch mit Internetvideos um Stimmen kämpfen kann. Die Ergebnisse sind dabei ganz unterschiedlich - ein Überblick.

Heimkino und Trachtenjacke

Das Video des amtierenden Bürgermeisters Erich Raff beginnt mit einem spröden Effekt wie aus einem Heimkino-Schnittprogramm. Wie in einem Lichtgeschwindigkeitsflug aus einem Siebzigerjahre-Science-Fiction-Film setzt sich aus einzelnen Blöcken der Name des Bewerbers zusammen, der dann in einem Farbverlauf von schwarz zu braun zu lesen ist, am Horizont zieht eine grelle Sonne vorbei. Das Bild blendet um und der Betrachter blickt frontal auf Raff, der in Trachtenjacke mit grünem Kragen fest in die Kamera blickt. "Liebe Bruckerinnen, liebe Brucker. Am Sonntag, den 7. Mai, wird ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Mein Name ist Erich Raff". Das nächste, was man erfährt: Bei der Wahl wird er sein 64. Lebensjahr beendet haben, durch seine Kinder und Enkelkinder wisse er aber genau um die Belange und Wünsche der Jugend. Es scheint, als habe ihm jemand geflüstert, dass im Internet vor allem junge Menschen unterwegs sind. Inhaltlich hat Raff ihnen, aber auch allen anderen Zuschauern, allerdings kaum etwas zu bieten. Er habe in den vergangenen eineinhalb Jahren einiges vorangebracht. Was genau das sein soll, erzählt er nicht. Auch nicht, wie er die Stadt noch "liebens- und lebenswerter" machen möchte. Da das Video also inhaltlich nichts her gibt, hat der Zuschauer umso mehr Zeit, intensiv Raffs Gesicht zu studieren, dem die Kamera wackelnd immer wieder bedrohlich nahe kommt.

Gesten und Emotionen

Das definitiv aufwendigste Video der vier Bewerber hat Thomas Lutzeier gedreht. Und er ist der einzige, der auch seine Inhalte kommuniziert. Das Video beginnt vor der Tür des Brucker Rathauses, wo Lutzeier erzählt, dass er Bürgermeister werden möchte, weil er viel Stagnation und Stillstand in Bruck erkennt. Im Gegensatz dazu gibt er sich selbst dynamisch, unterstreicht das Gesagte mit ausschweifenden Gesten und Fingerzeigen. Die Kamera bewegt sich dabei so wild wie er, um alles ins Bild zu bekommen. Um zu illustrieren, über welche Probleme er spricht, vollzieht Lutzeier mehrere Ortswechsel. Vor dem Spielplatz am Buchenauer Platz spricht er über zu wenig Kitaplätze, nennt eine Zahl von 61 und wechselt dann auf die emotionale Ebene. Das sei eine "schlechte Situation", die sich ändern müsse. Auf dem Viehmarktplatz zeigt Lutzeier dann seine populistische Seite. Er wolle dort den "Loop" bauen und sagt auch warum: Weil das der Entwurf ist, den sich bei der Bürgerbeteiligung die meisten Teilnehmer gewünscht haben. Und dann kommt er noch zu seinem Kernthema: die Gewerbesteuer. Am Rande des Gewerbegebiets Hasenheide erklärt er, dass Bruck mehr Einnahmen brauche, für all die guten Ideen, die er umsetzen möchte. Deshalb möchte er den Gewerbesteuerhebesatz senken, um mehr Gewerbe anzulocken. Im Hintergrund rauschen währenddessen die Autos vorbei und man muss schon genau hinhören, um ihn zu verstehen und ihm folgen zu können. Nun ist der Rundgang beendet und es geht zurück vors Rathaus, wo Lutzeier noch einmal um Unterstützung wirbt. Ob das ausreicht? Oder um es mit den Worten Lutzeiers zu sagen: "Ja, schaun mer mal".

Parkbank und Parka

Kurz und schmerzlos präsentiert sich der Grünen- und BBV-Kandidat Martin Runge in seinem Facebook-Video. Ohne Intro, Kameraschwenks oder sonstige Spielereien kommt er direkt zur Sache. Nicht einmal die Sekunde Vorlauf ist rausgeschnitten, in der er noch zum Kameramann schaut, der ihm dann offensichtlich das Zeichen gibt, dass die Aufnahme läuft. Runges Blick wandert vom Kameramann in die Linse, lässig in einem Parka gehüllt fläzt er auf einer Bank - natürlich vor einem Baum - und legt los: "Servus, ich bin der Martin Runge". Das ist so kumpelhaft-entwaffnend, dass man sich fragt, wer diesen Mann auf seinem Weg vom Gröbenzeller ins Brucker Rathaus noch stoppen soll? Was er vorhat, erfährt man im Video zwar nicht, aber wer so gut gelaunt daher kommt, der hat sicher nichts Böses vor. Statt Antworten zu geben, bietet er an, dass die Leute ihm zu erst einmal Fragen stellen können, die er und sein Team dann gerne beantworten, denn Runge ist, wie er im Video auch erklärt, persönlich ja überhaupt nicht auf Facebook aktiv. Das Video endet dann so, wie es begonnen hat: Runge dreht sich zum Kameramann, nickt und schnauft zufrieden.

Flyer und Gummibärchen

Bei der SPD läuft ja gerne mal einiges anders als bei anderen Parteien. Das zeigt sich auch im ersten Wahlkampfvideo von Philipp Heimerl. Statt im gängigen Querformat lässt er sich lieber im Hochformat filmen. Er ist dafür der einzige Bewerber, in dessen Video im Hintergrund zu sehen ist, zu welcher Partei er eigentlich gehört. Leider hat er es nicht geschafft, sich vor Aufnahmebeginn in die richtige Position zu bringen und so zieht er noch schnell die Hand aus der Manteltasche, während er bereits anfängt zu erzählen. Dafür macht er deutlich, dass er verstanden hat, wie Straßenwahlkampf funktioniert: "Wir verteilen hier unsere ersten Flyer und Gummibärchen". Süßes statt Inhalte also. Etwas verkrampft wirkt Heimerl dabei, die Hände sind angespannt. Und so sieht man ihm auch die Freude auf den Wahlkampf, die er gleich doppelt erwähnt, nicht so richtig an.

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