Nassenhausen:Im Glanz des Neubarocken

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Kunsthistorikern Anne Mischke-Jüngst erläutert das Innere der Pfarrkirche in Nassenhausen. (Foto: privat)

Kunsthistorikerin führt durch die Nassenhausener Kirche

Von Manfred Amann, Nassenhausen

Kommt man von Luttenwang nach Nassenhausen empfängt einen schon von weitem die Pfarrkirche St. Martin. Überquert man die Maisach, grüßt überdies der Adelige Selipert von einem Denkmal, der vor genau 1201 Jahren einer Urkunde zufolge seine Kirche und etliche Güter dem Freisinger Bischof schenkte, was Nassenhausen im vorigen Jahr die Erstnennung vor 1200 Jahren feiern ließ. Auch wenn die Martinskirche altehrwürdig erscheint, so betagt ist sie jedoch lange nicht, denn sie ist erst vor 101 Jahren erbaut worden und hat mehrere Vorgängerkirchen abgelöst.

Tatsächlich könnte man aber meinen, dass St. Martin in der Barockzeit, also zwischen 1570 und 1770, errichtet wurde. Auch die Kunsthistorikern Anne Mischke-Jüngst, die den Arbeitskreis Kloster im Historischen Verein für die Stadt und den Landkreis Fürstenfeldbruck leitet leitet, war "anfangs auch irritiert", weil die Kirche "vollkommen einheitlich außen und innen im Neobarock" errichtet wurde, so dass sich der sich barocke Eindruck sofort aufdrängt. Jedoch wurde erst viel später, nämlich am 3. Mai 1914, der Grundstein gelegt. Damals hätten die Architekten auf alte Baustile zurückgegriffen, erklärte dazu Mischke-Jüngst bei einer Kirchenführung, der sich etwa 30 Interessierte angeschlossen hatten und die auch zum Ziel hatte, die Zeit des Historismus vorzustellen, in der im 19. Jahrhundert bei Kirchenbauten Baustile der Vergangenheit wie Gotik, Barock oder Renaissance verwendet und meist gemischt wurden.

Von außen betrachtet könne man zwar auch gotische Elemente wie die Strebepfeiler oder den polygonen Chor erkennen, die Krumper-Fenster im Langhaus, die nach dem Architekten und Stuckateur Hans Krumper aus Weilheim benannt sind, der ab 1584 unter den bayrischen Herzögen Wilhelm V. und Maximilian I. am Münchner Hof beschäftigt war, weisen indes eindeutig auf den Barock. Dass in der Zeit des Ersten Weltkrieges überhaupt eine neue Kirche gebaut worden sei, habe daran gelegen, dass die alte baufällig war und auch zu klein, erläuterte die Kunstexpertin. Dass sie aber überhaupt gebaut werden konnte, sei den Brüdern Weihbischof Alois Hartl und Domdekan Martin Hartl zu verdanken, die aus dem Ort stammten und das Geld dafür spendeten.

Aus Aufzeichnungen geht überdies hervor, dass die neue Kirche der alten ähnlich sein sollte. Laut Mischek-Jüngst ist daher anzunehmen, dass die Vorgängerkirche zumindest eine barocke Ausstattung hatte, vermutlich sei sie aber in gotischer Zeit entstanden und wie viele Kirchen in Bayern im 18. Jahrhundert barockisiert worden. Eindeutig harmonisch im barocken Stil geschaffen wurde die Innenausstattung, die passend zum lichtdurchfluteten Langhaus mit seinen vier Stichplattenfenstern und weißen Wänden von den Altären über die Kanzel bis zum Orgelprospekt in Schwarz und Gold gehalten ist und so eine feierliche Stimmung verbreitet. "Da wurde richtig komponiert", befand die Kunstexpertin. Ganz typisch sei der Aufbau des Hochaltars, auf den sich alles andere bezieht. Besonders beeindruckend sei die Figur vom Heiligen Martin auf dem Pferd mit dem knienden Bettler vor einem Landschaftsgemälde im Hintergrund. Diese Darstellung wirke auf den Betrachter wie eine Szene auf einer Bühne. Solche Darstellungen seien im Barock ganz bewusst gemacht worden, um den Gläubigen christliche Inhalte näher zu bringen.

© SZ vom 18.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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