Nachwehen des Merkel-Besuches:"Biss"-Affäre befeuert den Wahlkampf

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CSU bestreitet, Straßenzeitungsverkäufer abgewiesen zu haben. SPD fordert trotzdem Entschuldigung

Von Christian Hufnagel

Das angebliche Zutrittsverbot für einen Biss-Verkäufer ins Dachauer Festzelt beim Auftritt von Angela Merkel hat den Wahlkampf ein wenig befeuert. Der SPD-Bundestagskandidat für den Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Dachau Michael Schrodi fordert seine Kontrahentin Gerda Hasselfeldt von der CSU aufgrund des Vorfalls auf, "sich endlich ernsthafter mit den sozialen Nöten der Menschen auch hier vor Ort auseinanderzusetzen". Gleiches gelte auch für die Kanzlerin. An die Adresse von Hasselfeldt richtet Schrodi zudem die Aufforderung: "Es wäre notwendig, sich bei dem Verkäufer öffentlich für das sozial diskriminierende Verhalten zu entschuldigen und die entgangenen Einnahmen zu ersetzen." Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, ist sich indes keiner Schuld bewusst: Sie sei nicht die Organisatorin gewesen, sondern mit der Kanzlerin gekommen und wieder gefahren: "Wenn ich eine Schuld erkennen würde, hätte ich kein Problem, zu dieser zu stehen." So aber macht Hasselfeld in den Vorwürfen ein "durchsichtiges Wahlkampfmanöver" aus.

Schrodi wiederum erinnert in seiner Presseerklärung an den gleichen Vorfall beim Auftritt des bayerischen Ministerpräsidenten auf dem Fürstenfeldbrucker Volksfest Anfang Juli und mutmaßt deshalb: "Dies hat anscheinend System." Während der Brucker Biss-Verkäufer Jürgen Kleißler eine Woche zuvor das volle Zelt bei Christian Ude zum Verkauf hatte nutzen können, blieb ihm dies bei Horst Seehofer verwehrt. Der Sicherheitsdienst ließ ihn nicht rein. Als dies anderntags publik wurde, suchte Landrat und CSU-Kreisvorsitzender Thomas Karmasin Kleißler auf, leistete Abbitte und kaufte fünf Exemplare.

Der Dachauer Biss-Kollege Frank Schmidt wartet hingegen noch auf einen finanziellen Ausgleich. Er war am vergangenen Dienstagabend von einer mysteriösen "schwarz gekleideten Frau" am Zelteingang abgewiesen worden. Sowohl in der Landeszentrale der Partei wie auch im gastgebenden Ortsverband gab man sich jedenfalls überrascht: Biss-Verkäufer seien selbstverständlich willkommen, hieß es. Und: Das eigene Sicherheitspersonal sei nicht schwarz, sondern orange gekleidet gewesen. Von einer Entschädigung ist in den Stellungnahmen nicht die Rede. Und auch Hasselfeldt rät Schrodi, sich doch an die Faktenlage zu halten. Nach ihren Informationen habe es keinen Kontakt zwischen dem Verkäufer und CSU-Verantwortlichen gegeben.

Gleichwohl hätte der Zutritt dem Verkäufer einer Zeitung, die sich für die Wiedereingliederung von Armen und Obdachlosen engagiert, wohl einen Wochenumsatz beschert. Aus der Erfahrung von der Brucker SPD-Veranstaltung mit Christian Ude taxierte Kleißler jedenfalls seinen Verlust bei der CSU auf rund 100 Exemplare. Deshalb bezeichnet Schrodi die Wiedergutmachung des Landrats auch nur als Almosen. Und sieht seine politische Gegnerin in der moralischen Pflicht, im neuerlichen Fall für die entgangenen Einnahmen in diesem Umfang aufzukommen: "Es ist nicht ausreichend, fünf Exemplare abzukaufen." Hasselfeldt erkennt für sich hingegen keinen Handlungsbedarf: "Ich wüsste nicht, was ich zu entschädigen hätte", sagte die CSU-Bundestagsabgeordnete. Außerdem sei es wohl so gewesen, dass in Dachau der Biss-Verkäufer dann vor dem Zelt doch sehr viele Zeitungen losgeworden sei.

© SZ vom 24.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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