Nachbericht:Bewegendes Inklusionskonzert

Gospelchor

"We are the world": Mit dem Michael-Jackson-Hit beschließt der Gospelchor "Oh happy day" im Veranstaltungsform Fürstenfeld ein begeisterndes Konzert.

(Foto: Günther Reger)

Der Gospelchor "Oh happy day" demonstriert in Fürstenfeldbruck, dass sich behinderte Menschen wunderbar in ein mitreißendes und berührendes Klangbild integrieren lassen. Die 150 Mitglieder des einmaligen Projektes lassen das Publikum jubeln - und rühren es zugleich zu Tränen

Von Maren Jensen, Fürstenfeldbruck

Einmalig, emotionsgeladen und zum Nachdenken anregend präsentierte der inklusive Gospelchor "Oh happy day" am vergangenen Samstag ein Adventskonzert im Veranstaltungsforum Fürstenfeld. Der Projektchor ist deutschlandweit einzigartig. Er besteht zu einem Drittel aus Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung und wird vom SZ-Adventskalender unterstützt.

Bereits zu Beginn des Konzertes strömen die rund 150 Teilnehmer mit unglaublicher Freude auf die Bühne. Freudig winken sie dem Publikum, eine Sängerin kann ihr Glück gar nicht in Worte fassen und verbeugt sich stattdessen mehrmals vor der jubelnden Menge. "Das ist der Lohn für unsere Anstrengungen. Wenn der Saal bebt, können wir zufrieden nach Hause gehen", sagt Projektleiter Thilo Wimmer. Der Fachdienstleiter der Caritas Kontaktstelle für Menschen mit Behinderung rief das Projekt Ende 2013 ins Leben. "Wir haben musikalische Höchstleistungen erreicht, obwohl fast alle Teilnehmer Laien sind und keine Erfahrungen im gesanglichen Bereich haben. Erreichen konnten wir das nur durch die wundervolle gegenseitige Unterstützung. Das ist das Fantastische an unserem Projekt", sagt er. In sechs Workshops bereitete sich der Chor auf den Abend vor. "Mir gefällt hauptsächlich das tolle Miteinander. Alle werden gleich behandelt und jeder leistet, was er leisten kann", sagt Sängerin Sonja Petersen. "Das Konzert ist mit 800 Zuhörern ausverkauft. Ich kann meine Freude darüber noch gar nicht in Worte fassen", so Wimmer.

Regelmäßig bezog der Chor das Publikum mit ein und brachte den Saal zum Tanzen, Mitsingen und Klatschen. "Die Kombination aus Menschen mit und ohne Behinderung ist etwas ganz Besonderes. Ich möchte mit meinem Besuch solche Aktionen unterstützen. Es ist einfach klasse, so eine Sache auf die Beine zu stellen", sagt Zuhörerin Susi Dobner. "Außerdem passt die Gospelmusik wunderbar zu der Adventszeit", pflichtet ihr Sitznachbarin Brigitte Zimmermann bei.

Das zweistündige Programm hangelte sich an der Geschichte des Rentieres Rudolf entlang, welches aufgrund seiner leuchtend roten Nase aus der Gesellschaft ausgeschlossen wird. "Die Geschichte konnten wir wunderbar mit unserem Chor vereinbaren. Menschen mit Behinderung werden oftmals immer noch stark diskriminiert und in ihren Fähigkeiten unterschätzt", sagt die musikalische Leiterin Ulrike Buchs-Quante. Das Tanzen auch mit Rollstühlen möglich ist, zeigten zwei Sängerinnen, die sich schwungvoll im Kreis bewegten. Später rührte die 16 Jahre alte Lisa Rubin das Publikum zu Tränen. Das blinde Mädchen beeindruckte mit einer gefühlvollen Solo-Einlage.

Abwechselnd wurden sowohl positive Aspekte, als auch die Schattenseiten der Inklusion beleuchtet. Dabei sollte jedes einzelne Lied eine Botschaft vermitteln. "Gehen sie voran, indem Sie nicht mehr ausgrenzen und niemanden mehr auslachen", appelliert Buchs-Quante zu Beginn des Gospelsongs "Go-ahead!". Die Sängerin ist seit mehr als 30 Jahren in der Spiritual- und Gospel-Szene aktiv. "Dadurch versuche ich immer, etwas tiefgründiger zu werden. Der Gospel vereinte schließlich auch die Arbeitslieder der Afroamerikaner mit schottischen Liebesliedern und anderen Musikstilen. Heute Abend vereinen wir Menschen mit und ohne Behinderung", sagt sie.

Besonders beeindruckt zeigte sich das Publikum von den von Buchs-Quante selbst verfassten Spracheinlagen zwischen den Liedern "Out of the dark" und "Go down Moses". "Ich wollte eine Art Poetry-Slam dazwischen stellen. Der Dichterwettstreit ist bekannt dafür, die Schattenseiten des Lebens zu zeigen. Mit den Gesangseinlagen wollen wir im Kontrast ausdrücken, dass man das Leben nicht so schwer nehmen soll. Dadurch sollen die Grenzen verschwimmen", sagte Buchs-Quante. Eine der Textvorträgerinnen war die 46-jährige Susanne Weixler. "Durch die Arbeit im Chor habe ich erst gemerkt, dass die Menschen ohne Behinderung sich die meisten Probleme selber machen. Aus jeder Mücke wird sprichwörtlich gleich ein Elefant gemacht. Aber in Wirklichkeit kommt es auf die kleinen Dinge im Leben an. Die Menschen mit Behinderung freuen sich über für uns schon fast banale Dinge, das es uns eigentlich schon peinlich sein sollte, wie wir uns manchmal verhalten", sagte sie. Zum Abschluss des Konzertabends beeindruckte der Chor mit dem mehr als passenden Michael-Jackson-Hit "We are the World".

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