Mitten in Fürstenfeldbruck:Don Quijote und die Omertà

Grünen-Stadträtin Alexa Zierl hat zu allem Umweltrelevanten etwas zu sagen. Neulich verzichtete sie aufs Wort - zur Verwirrung der CSU

Von Stefan Salger

Alexa Zierl genießt bei manchen ihrer Stadtratskollegen einen fast legendären Ruf. Die Grünen-Politikerin gründet tief und ist gleichwohl kein stilles Wasser, gilt sie doch bei den einen als besonders akribisch, besonders gut vorbereitet und besonders bereit, sich in alle Themen fundiert einzuarbeiten. Bei den anderen, die vor allem an der CSU-Bank sitzen, nervös mit den Stühlen kippeln und mit verdrehten Augen auf die Uhr schauen, gilt sie als besonders nervenaufreibend. Zierl'sche Charmeoffensiven branden mit schöner Regelmäßigkeit gegen das CSU-Bollwerk und versanden dann. Nach manch flammendem Plädoyer der Energiereferentin für Klimaschutzmaßnahmen, Fotovoltaikanlagen, Radverkehrs- und E-Mobilkonzepte, Alternativen zur Kita im Kester-Haeusler-Park oder zur Erweiterung der Schule-Nord war nur ein dürres Nein zu hören. In solchen Momenten wirken die CSU-Granden, manchmal im Schulterschluss mit der SPD, wie die Römer, die in Erwartung eines hinkelsteinschwingenden Obelix die Schildkröten-Taktik anwenden und ängstlich zwischen den Schildern hervorlugen. Diese Frau ist einfach zu anstrengend, vor allem dann, wenn man ihr nicht ohne große Klimmzüge widersprechen kann. Tut man es doch, kommt nach kurzer Online-Recherche garantiert ein paar Minuten später die faktenstrotzende Richtigstellung. Die anderen müssen sich warm anziehen - Zierl selbst befeuert die Debatten auch bei tiefstem Frost vorzugsweise im ärmellosen Trägerkleid.

Letztens im Stadtrat dringt frohe Kunde von der Grünen-Bank. Dort sitzt, bei Außentemperaturen von drei Grad minus im schwarzen Trägerkleid: Alexa Zierl. Da habe die Stadtverwaltung zum Thema "Energiestandard und Energiekonzept" doch glatt eine so brillante Sitzungsvorlage geliefert, dass sie gar nichts mehr beizutragen habe. Nicht einmal bei den Solaranlagen gibt es Gesprächsbedarf. "Deswegen halte ich jetzt die Klappe", sagt die Grünen-Politikerin frohgemut. Ihr Banknachbar, der Liberale Klaus Wollenberg, kippt fast aus dem Sessel. "Wenn du das machst, stimme ich auch zu", sagt er verblüfft. Omertà, die Mauer des Schweigens, über der Grünen-Bank? Die CSU nutzt ebenfalls die Gunst der Stunde und stimmt schnell für die Beschlussvorlage, bevor es sich Alexa Zierl anders überlegt.

Nur Franz Neuhierl von den Freien Wählern stimmt dagegen. Der ist fast drei Meter groß, wettergegerbt und gerne der Fels in der Brandung. Der 73-Jährige erinnert ein bisschen an Don Quijote. Jener hat auch eine Weile gebraucht, bis er auf den Trichter kam, dass der Kampf gegen Windmühlenflügel letztlich ein hoffnungsloses Unterfangen ist.

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