Mitten in Puchheim:Seidls Zeitrechnung

Während gemeinhin in Deutschland das neue Jahr am ersten Januar beginnt, verlegt der Puchheimer in den Herbst.

Von Peter Bierl

Das neue Jahr beginnt in Europa gemeinhin am 1. Januar. Das war nicht immer so. Auf den britischen Inseln und in der Toskana galt bis ins 18. Jahrhundert der 25. März als Neujahrstag. Im Byzantinischen Reich und im Zarenreich bis zur Herrschaft von Peter dem Großen, einem streberhaften Modernisierer, hätten jeweils am 1. September die Sektkorken geknallt, wenn es solche gegeben hätte. Die Wahl der Griechen und Russen im Mittelalter würde für uns in Bayern heute durchaus Sinn machen. Nach einem langen heißen Sommer, den großen Ferien, den schönsten Wochen des Jahres, geht es zurück in die Knochenmühle, bei herbstlich kalten Temperaturen und Bierleichen. Von vielen Menschen zumindest gefühlt und für Bevölkerungskreise wie Lehrer und Schüler ganz wahrhaftig, fängt das Neue Jahr im September an.

Diesen Jahreszyklus bevorzugt auch der Puchheimer Bürgermeister Norbert Seidl. Für ihn als vormaligem Lehrer beginnt das Jahr mit dem Schulbeginn, weshalb er die Sitzung des Stadtrates am Dienstag mit einer kleinen Ansprache zum "Neustart in die Saison" eröffnete. Zwar entfachte er kein rhetorisches Feuerwerk, warnte jedoch vor Politikverdrossenheit und rief zum Widerstand gegen einfache populistische Lösungen auf. Nachträglich gratulierte der Bürgermeister drei Stadträten zum Geburtstag und ehrte Max Keil von der UBP für zwanzig Jahre Engagement in Gemeinde- und Stadtrat. Obendrein hatte die Verwaltung in den Ferien, quasi zwischen den Jahren, neue Tische und Stühle sowie eine Mikrofonanlage für den Sitzungssaal angeschafft. Jetzt können rein technisch vier Stadträte gleichzeitig reden, sofern der Bürgermeister es erlaubt, der die Anlage mit einem "Super-Master-Knopf" steuert, wie Seidl erklärte. Die Neuausstattung ist ein Hinweis darauf, dass eine neue Zeitrechnung noch auf sich warten lässt. Der Stadtrat wird in den nächsten acht Jahren in diesem Sitzungssaal tagen, ehe das Rathaus umgebaut und erweitert wird, kündigte der Bürgermeister an. Siebenmal wird das Puchheimer Neujahr also noch an dieser Stelle eingeleitet werden.

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