Mitten in Germering:Profanbau am Ende des Weges

Wenn das Navi den Friedhof mit der Stadthalle verwechselt

Von Stefan Salger

So lange selbst fahrende Autos noch Zukunftsmusik sind, muss der Mensch steuernd eingreifen. Weil jenem Mensch manchmal aber schlicht der Durchblick fehlt, lässt er sich gerne von diesen kleinen Dingern leiten, die Strom fressen, sich an die Windschutzscheibe pappen lassen und in denen offensichtlich eine kluge Frau sitzt, die ziemlich klein sein muss. Die sagt dann geduldig und höflich Sachen wie "In 300 Metern bitte links abbiegen" oder "Ihr Ziel befindet sich in 50 Metern auf der rechten Seite" oder "Sie haben Ihr Ziel erreicht." So ein Navi ist eine tolle Sache.

Letztens aber machte eine Fotografin, die regelmäßig im Auftrag der Süddeutschen Zeitung unterwegs ist, eine niederschmetternde Erfahrung. Sie musste erkennen, dass ihr jahrelang etwas vorgegaukelt worden war. Es geht um die Stadthalle, die ihr immer als Hort der harmonischen Kultur, Information und der bisweilen lautstarken Unterhaltung verkauft worden war. Nun musste sie erkennen, dass eine höhere Macht diesem Ort der Freude offenbar Grabesruhe verordnet hat. Das wurde deutlich, als sie jüngst gebeten wurde, für die Illustration eines Zeitungsartikels doch bitte schön die Stellen zu dokumentieren, an denen im Germeringer Waldfriedhof seit geraumer Zeit Baumbestattungen möglich sind.

Weil Fotografen nicht die Lage jedes Friedhofs in petto haben können und man auch in Germering den Waldfriedhof mit dem Friedhof Sankt Martin verwechseln kann, griff die Kollegin also zum kleinen Helferlein, das immer den Weg weisen kann und sich ausnahmsweise ins Smartphone einquartiert hatte. Die Fotografin tippte also "Germering" und "Waldfriedhof" ein, lehnte sich zurück und ließ sich leiten: "In 300 Metern bitte links abbiegen" und "ihr Ziel befindet sich in 50 Metern auf der rechten Seite". Und als Finale furioso: "Sie haben Ihr Ziel erreicht." Auf der rechten Seite lag dann ein Ziel, das für eine Aussegnungshalle reichlich futuristisch wirkte. Eher kein stiller Gedenkort der inneren Einkehr, auch wenn an jenem tristen Nachmittag schon eine fast morbide Stimmung auf den bunten Schriftzügen des Profanbaus lastete. Auf der rechten Seite, ein paar Tage nach Faschingsbeginn vom schelmischen Navi als Ziel verkauft, lag: Germerings Stadthalle.

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