Mitten in Germering:Hort der Hundertjährigen

Nicht jeder, der objektiv alt ist, fühlt sich subjektiv so

Von stefan salger

Nicht jeder, der objektiv alt ist, fühlt sich subjektiv so. Denn mit dem Alter ist es wie mit statistischen Daten. Alles ist relativ. Gesichert ist, dass die Menschen auf dieser Welt immer älter werden. Das gilt auch für diesen Landkreis, in dem das Durchschnittsalter auf 43 Jahre angewachsen ist. Hier wie dort gibt es Inseln der Seligen im Strom der Zeit. Auf Weltniveau ist dies Ogimi auf der japanischen Insel Okinawa - laut einer Inschrift am Ortseingang die globale "Nummer eins bei der Langlebigkeit". Zwölf Einwohner sind mindestens hundert Jahre alt. Ein Blick in eine aktuelle Statistik offenbart Erstaunliches: Germering lag im Januar exakt auf dem Niveau von Ogimi: zwölf Über-Hundertjährige (zehn Frauen, zwei Männer)! Damit bestätigt sich ein Eindruck: Taucht Oberbürgermeister Andreas Haas, mit seinen 51 Jahren ein wahrer Benjamin, doch regelmäßig auf Fotos an der Seite betagter Mit-Germeringer auf, denen er zum Geburtstag oder zur Eisernen Hochzeit gratuliert. Vor gut einer Woche trank er mit Irmgard Thierbach Tee. Die wurde in dem Jahr geboren, in dem Hans Grade in Magdeburg zum ersten Motorflug in Deutschland startete und das Kaiserliche Patentamt den Melitta-Kaffeefilter anerkannte: vor 107 Jahren. Klar, dass das Geburtstagskind altersmäßig den Rekord im Landkreis hält. Zwei Jahre zuvor hatte eben jener OB bereits mit einer anderen Germeringerin mit einem Glas Sekt auf deren 106. Geburtstag angestoßen. In der SZ-Mittwochsausgabe ist jener OB erneut zu sehen. Diesmal im Wohnzimmer von Franziska Weigl. 100. Geburtstag? Routine!

Wie ist es zu erklären, dass Germering zur japanischen Methusalem-Hochburg Ogimi aufschließen konnte? Das Erfolgsrezept der Japaner ist angeblich Bewegung, Gartenarbeit und viel Obst und Gemüse auf dem Tisch. Gibt es da Parallelen zu Germering, das nahe der Curanum-Seniorenresidenz über einen "Garten der Begegnung" verfügt? Der lädt zum Jäten ein, und dort sprießen der offiziellen Verlautbarung zufolge neben Heilpflanzen auch "Hexen- und Teufelskräuter aus dem Bereich der Zauberpflanzen". Ein zweiter Blick in die Germeringer Statistik freilich wirkt ernüchternd. Alles doch kein Hexenwerk mit den fidelen Uralten in Germering. Vielleicht hat man da die Sache mit der Relativität außer Acht gelassen: Ogimi hatte zwölf Über-Hundertjährige bei 3200 Einwohnern, Germering bei 39 000 Einwohnern. Außerdem korrigierte Haas nun auch noch das Zahlenwerk und spricht von nur noch neun Über-Hundertjährigen. Naja, kann passieren. Man ist ja auch nicht mehr der Jüngste.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: