Mitten in Fürstenfeldbruck:Zu große Leckermäuler

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Bei Probierhäppchen von Christstollen, hier in seiner ganzen Schönheit, sind die Kunden im Landkreis offenbar ein wenig unverschämt. (Foto: Günther Reger)

Die Vorweihnachtszeit ist eine Zeit des Schenkens. Das beherzigen auch die Bäcker. Doch ihnen schlägt das Verhalten mancher Kunden auf den Magen

Von Christian Hufnagel

Übers Jahr hält der Mensch eine Eigenschaft gut verborgen. Er ignoriert sie entschlossen, vielleicht sogar hartherzig. Bis ein Geburtstag in die Erinnerung schießt. Diese Einzelfälle bewältigt er. Und vergisst sogleich wieder, was ihn auch auszeichnen könnte. Aber vom ersten Advent an kommt er nicht mehr aus, wird er täglich damit konfrontiert, doch auch mal mildtätig zu sein. Es geht auf Weihnachten zu - und damit wird sein Charakter weichgespült, die altruistische Seite zu entdecken und zu leben. Aus dem Meer von Möglichkeiten tauchen dann etwa Wunschbaum-Aktionen auf, beispielhaft jene der Caritas in Fürstenfeldbruck und der Sozialstation in Olching. An einer Lichter-Tanne hängen da Zettel, auf denen Bedürftige aufgeschrieben haben, was sie entbehren müssen. Ihnen die Wünsche zu erfüllen und sie zu beschenken, wird dann zu einer schönen Angelegenheit des Herzens.

Umgekehrt gibt es in dieser hochheiligen Zeit immer auch Zeitgenossen, die keine Anregung benötigen, sondern von sich aus etwas schenken. Das müssen nun nicht immer gleich Engel, sondern können durchaus auch Geschäftsleute sein, die den ein oder anderen Hintergedanken dabei hegen, wenn sie ein kleines Werbegeschenk als eine Art Appetizer mit über den Ladentisch schieben oder gleich ein Probierhäppchen wie Köder auslegen. Fürstenfeldbrucks Bäckern ist es im vergangenen Advent jedoch schwer auf den Magen geschlagen, Stollenstücke kostenlos anzubieten: "Manche Menschen nehmen sich meistens drei bis vier Scheiben mit, und das reicht ihnen für den ganzen Winter", wetterte Obermeister Werner Nau auf der jüngsten Innungsversammlung und polterte wie ein leibhaftiger Knecht Rupprecht: "So geht es nicht weiter." Schließlich scheint die süße Gabe die Kunden nur zu Raffgier zu animieren, nicht aber zum gewinnbringenden Entschluss, gleich in einen ganzen Stollen zu investieren. Und das können sich die Bäcker bei aller Barmherzigkeit nicht gefallen lassen: Sie wollen für die Kostproben nun ein wenig Geld verlangen oder sie gleich ganz weglassen. Schenken ist im Advent wohl doch nicht so leicht. Beschenkt werden auch nicht.

© SZ vom 28.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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