Mitten in Fürstenfeldbruck:Traum(a) Hochschulstadt

Auch eine Kreisstadt kann eitel sein. Nach dem erfolglosen Versuch, besondere Titel einzuheimsen, gibt man sich mit dem bestehenden zufrieden

Kolumne von Stefan Salger

Älteren Zeitgenossen ist der "schöne Konsul Weyer" ein Begriff, auch bekannt als Consul Weyer Graf von Yorck. Mit bürgerlichem Namen heißt er ganz schnöde Hans-Hermann Weyer. Aber bürgerlich ist an dem Mann gar nichts. Akademische Titel und blaues Blut, wohin du schaust. Ist ja auch Titelhändler, der Herr Konsul. Er soll sogar 465 Honorarkonsulate vermittelt haben - das war noch vor der Zeit von Boris Becker, der vielleicht Attaché der Zentralafrikanischen Republik ist oder vielleicht auch nicht.

Welche Lehren Otto Normalverbraucher in Bruck daraus ziehen kann? Als Graf Otto oder Dr. Dr. Normalverbraucher steigt das Ansehen. Welche Schlüsse eine veritable Kleinstadt wie Fürstenfeldbruck daraus ziehen kann? Im Dezember ging das mit dem Schlüsseziehen mit Blick auf eigenes Renommee und Marketingpotenzial noch schief: Bruck wollte zum Oberzentrum befördert werden, um an Bedeutung und Strahlkraft zuzulegen. Es muss aber weiter als Mittelzentrum auf der Stelle treten, während sich Kontrahenten wie Erding und Freising längst Oberzentren nennen dürfen.

Nächster Anlauf: Nun also will Bruck Hochschulstadt werden. Warum auch nicht? Da gibt es doch die Polizeifachschule im Kloster. Eine waschechte staatliche Hochschule, wie Hochschullehrer Klaus Wollenberg von der FDP zu berichten weiß. Florian Weber von Die Partei und Frei widerspricht Einwänden, diese Einrichtung sei gar nicht so recht in Bruck integriert: In seiner Bar seien häufig Polizeischüler anzutreffen, alle dort bestens integriert. Ersatzweise baut Andreas Lohde von der CSU mit Blick auf die Landwirtschaftsschule in Puch eine Brücke. Die thront hoch oben auf dem Hügel - voilà: Hochschule. Spielverderber Klaus Quinten vertritt im Stadtrat dann aber die Meinung, dass man so einen Etikettenschwindel und so eine Hochstapelei gar nicht nötig habe. Dabei hätte Bruck es sehr wohl nötig, wird man doch von Freising immer deutlicher abgehängt: Der Kontrahent ist nicht nur Dom- und Brauereistadt sowie Oberzentrum, sondern zu allem Überfluss auch noch (sic!) Hochschulstadt!

Dann schwant es einem gottlob, dass alles nur ein geschickt inszeniertes Täuschungsmanöver sein muss und Weyer die Finger im Spiel hat. Freising, ein potemkinsches Dorf mit gekauften Titeln? Der schöne Konsul nämlich war Vorsitzender und Kanzlerkandidat der 1979 gegründeten Deutschen Freiheitspartei. Jene DFP trat zur Bundestagswahl 1980 nur mit einem Direktkandidaten in einem Wahlkreis an. Wo? Richtig: in Freising!

Ach, vielleicht versagt sich Bruck besser der Jagd nach Ruhm und Glanz und fremden Federn und schwört dem Narzissmus ab. "Kreisstadt" klingt doch betörend genug. Zu der Erkenntnis kam denn auch eine knappe Mehrheit im Stadtrat.

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