Mitten in Fürstenfeldbruck:Quintens Quittenschnaps

Jetzt ist es raus: Nicht die Politik gab den Ausschlag für Martin Runge, Oberbürgermeisterkandidat zu werden, sondern ein hochprozentiges Obstwasser

Von stefan salger

Meldungen über Fake News und alternative Fakten geistern zurzeit durch die Lügenpresse dieser Welt. Manchmal sind Politiker Täter, manchmal Opfer. Manchmal weiß man es nicht so genau. Sehen wir uns mal, hm, warten Sie mal, wen könnte man da ... ja richtig: sehen wir uns mal Donald Trump an. Lange bevor die Fake-Fakten-Begriffe in aller Munde waren, säte der heutige US-Präsident Zweifel an der Herkunft seines Amtsvorgängers Barack Obama. Die Verschwörungstheorie: Der sei ein in Kenia geborener Schwarzer, mithin unrechtmäßig an die Spitze des Landes gewählt worden.

So weit ist es bei Martin Runge noch nicht. Und das nicht nur deshalb, weil niemand auf die Idee käme, ihn den Schwarzen zuzuordnen. Während Obama die latenten Vorwürfe Trumps seinerzeit bestritt und per Geburtsurkunde belegte, 1961 auf Hawaii zur Welt gekommen zu sein, bleibt Runge, 59, ganz gelassen und lässt die Dokumente stecken. Eines solch offiziellen Klimmzugs bedarf es gar nicht. Er kann sich ganz offen als geborener Dachauer outen, der in Gröbenzell wohnt. Denn als Oberbürgermeister muss man weder im Ort der Wahl das Licht der Welt erblickt haben noch aktuell dort residieren (Runge will gleichwohl spätestens im Falle eines Wahlerfolgs nach Bruck ziehen).

Auf der Nominierungsversammlung der BBV greift Runge also eigentlich ganz ohne Not tief in die Rhetorik-Werkzeugkiste und punktet mit alternativen Fakten: In seiner nicht immer ganz bierernst gemeinten Antrittsrede lässt er durchblicken, dass er sich weder durch BBV-Chef Klaus Quinten noch die Grünen habe überzeugen lassen, für sie als OB-Kandidat anzutreten. In Wahrheit habe Quintens Quittenschnaps den Ausschlag gegeben. Als Belohnung für die Kandidatur überreicht Quinten Runge etwas später einen Briefumschlag. Glaubt man einem Whistleblower, dann ist da eine Eintrittskarte fürs Brucker Salvator-Starkbierfest Mitte März drin - gehört es doch zur Wahlkampfpflicht eines jeden OB-Kandidaten, sich dort von Krüglredner Jürgen Kirner ordentlich den Kopf waschen zu lassen. Nach einem tiefen Blick in den Umschlag verrät Martin Runge aber zunächst nichts davon. Dem gespannten Publikum teilt er vielmehr mit, in dem Umschlag befinde sich die schriftliche Zusicherung, für jeden Auftritt im Wahlkampf "mit zwei Flaschen Quittenschnaps" entlohnt zu werden. Der erblasste BBV-Chef tritt dieser hochprozentigen Fake News entschieden entgegen: "Des is g'logen, so viel hamma ja gar ned."

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