Mitten in Fürstenfeldbruck:Netzkonforme Blindleister

Jenseits der Amtsstuben und sehr weit jenseits von Fernost haben die Brucker Stadtwerke nun Briefe versendet, die Bürokratendeutsch und Betriebsanleitungschinesisch auf geniale Weise kombinieren

Von Stefan Salger

Ein Streifzug durch die deutschen Amtsstuben garantiert fette Beute. Da wird in umständlichen Schachtelsätzen gerne alles Mögliche verklausuliert und "einer Prüfung unterzogen", es wird die "Frankierung eines Briefs mit Postwertzeichen in ausreichendem Maße" verlangt, der schnöde Begriff "Baum" wird - reinste Poesie - als "raumübergreifendes Großgrün" umschrieben. Oder es werden wunderschön gewundene Sprachgirlanden gedrechselt wie diese: "Ihr Antrag auf Einleitung eines Verfahrens zur Erteilung der Erlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs auf öffentlichen Straßen wurde abgelehnt." Getoppt wird so was bestenfalls von Bedienungsanleitungen aus Fernost, bei denen Übersetzungsprogramme am Werk waren: "Stippel A kaum abbiegen und verklappen in Gegenstippel B."

Auch jenseits der Amtsstuben und sehr weit jenseits von Fernost sind in Fürstenfeldbruck nun Briefe versendet worden, die Bürokratendeutsch und Betriebsanleitungschinesisch auf geniale Weise kombinieren. Wir zitieren: "Sehr geehrte Damen und Herren, der rasante Zubau von Erzeugungsanlagen im Verteilernetz und der damit verbundene Netzumbau, unter gleichzeitiger Stilllegung von Kraftwerken als Blindleistungsquelle am Übertragungsnetz, stellt die Netze, ..., vor neue Herausforderungen. Dabei gewinnt das Blindleistungsmanagement zunehmend an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund und der Notwendigkeit eines Blindleistungsmanagements müssen alle Netznutzer ihren Beitrag für einen sicheren Betrieb leisten und sich netzkonform verhalten. Wir bitten Sie hiermit um eine Bestätigung zur Einhaltung des Verschiebungsfaktors. ... " Unterzeichnet haben den Brief nicht nordkoreanische Geheimdienstler, sondern die für Stromnetze und Netzwirtschaft zuständigen Abteilungsleiter der Brucker Stadtwerke. Das beste kommt zum Schluss: "Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung." Wie die beantwortet werden würden, möchte man lieber nicht wissen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: