Mitten in Fürstenfeldbruck:Gewaltfantasien im Gemeinderat

Die Krähenplage hat nun auch Eichenau erreicht. Und damit die Diskussion um das richtige Gegenmittel.

Von Erich C. Setzwein

Florissa ist 38 Zentimeter groß, wirkt lebendig durch ihre reflektierenden Augen und ist einsetzbar im Gemüsegarten oder auf dem Balkon. Florissa ist zum Preis von 24,99 Euro im gut sortierten Online-Versandhandel erhältlich und gehört zur Gattung der Wind-Wackel-Eulen, denn das "täuschend echte" Plastiktier bewegt den Kopf im Wind. Derselbe Händler bietet als Zubehör auch noch einen Solar-Vogelvertreiber mit Ultraschall und Blitzlicht zu 19,99 Euro an. So viel zu den für den Privatmann legal erhältlichen Mitteln zur Vertreibung von Vögeln. Vor Wind-Wackel-Eulen haben vielleicht ein paar Stare Angst und suchen zur Kirschenzeit vielleicht die Obstbäume nicht mehr heim, aber gegen die Krähen hilft offenbar nur noch rohe Gewalt. Da wird der Mensch selbst zum Tier, wenn Kolonie auf Kolonie folgt, wenn der Himmel über Puchheim gar nicht mehr hell wird vor lauter schwarzen Vögeln.

Auch am Eichenauer Friedhof gibt es Krähennester. Nicht ganz hinter vorgehaltener Hand wird im Eichenauer Gemeinderat über die Möglichkeiten spekuliert, die der örtliche Schützenverein hätte. Mit entsprechend Zielwasser vorher und einer Vertuschungsaktion gegenüber der Umweltbehörde käme vielleicht der ein oder andere Abschuss zustande, aber löst das das Problem? Die Waffe in der Hand eines Maisacher Schützen sieht auch dort schon ein erfahrenes Mitglied des Gemeinderates, um gegen die sich scheinbar ungezügelt ausbreitenden Krähen den Kampf aufzunehmen. Und so wird in der kommunalen Politik die Fantasie über Erstschläge angeregt, ähnlich den Szenarien, wie sie Nordkorea und die USA vor sich hinspinnen. Wenn Vergrämen nicht hilft, ist der Einsatz tödlicher Mittel angesagt. Und da kommen die Bussarde und Falken ins Spiel, die im Münchner Stachus-Untergeschoss durch die niedrigen Gänge Tauben schrecken und in Puchheim wie in Maisach die Krähen im Luftkampf vom Himmel holen sollen.

Kann sein, dass es hilft. Kann aber auch sein, dass es anders ausgeht und die Natur sich selbst behilft. Neulich, und das ist jetzt kein Witz, waren drei Vögel am Rande einer Staatsstraße zu beobachten. Ein stolzer Bussard saß im Acker und hatte das Unterteil einer Plastikflasche im gefährlich scharfen Schnabel. Ihm gegenüber pickten zwei dreiste Krähen fröhlich hüpfend auf den Plastikring ein. Von Scheu keine Spur, vom Jagdinstinkt des Bussards aber auch nicht.

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