Mitten in Fürstenfeldbruck:Fleischfressende Polyesterfallen

Mitten in Fürstenfeldbruck: Ein Graus für jede Trachtlerseele: In Brucker ganz besonders auffällige Wiesn-Kleidung.

Ein Graus für jede Trachtlerseele: In Brucker ganz besonders auffällige Wiesn-Kleidung.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Trachtenkitsch zu Spottpreisen sind in Bruck die unrühmlichen Vorboten der Wiesn

Von Florian J. haamann

So unvermeidlich wie jedes Jahr im Oktober Schokoweihnachtsmänner in den Regalen der Supermärkte auftauchen, die dann am Tag nach den Heiligen Drei Königen von den obligatorischen Osterleckereien abgelöst werden, so zuverlässig erscheint in der Region spätestens Anfang September die traditionelle Kostümierung für das schönste Volksfest der Welt. Dabei gibt es normalerweise eine klare Regel: Je näher man dem Münchner Hauptbahnhof kommt, desto feiner wird das handgewebte Polyester, aus dem die Kleidung von gut ausgebildeten Fach-Maschinen gefertigt wurde. Im Umkehrschluss heißt das: Wenn schon Wiesn-Verkleidung, dann doch bitte dort kaufen, wo man sich mit Tracht auskennt - im ländlichen Umland. Doch auch hier lauern tückische Fallen, die nur darauf warten, unbedarfte, trachtenunerfahrene und geizige Burschen und Madln in ihre Fänge zu locken und auszunehmen. Oder anders gesagt: Die Plastikflut aus dem Moloch Großstadt hat nun auch die unschuldige Region erreicht.

Gleich eines Sumpfkrugs - einer besonders prachtvollen Art der fleischfressenden Pflanzen - steht so eine Falle mitten in der Brucker Innenstadt und lockt mit prächtigen Farben ihre ahnungslosen Opfer. Wer sich ihr nähert, der entdeckt Grausames: Pinke Hotpants mit einem verzierten Herzchen für die Damen, rot-weiß karierte Boxershorts mit Trachtenmuster und falschen Hirschhornknöpfen und eng anliegende Shorts mit Hirschmuster für die Herren. Und als ob das noch nicht genug wäre für die geschundene Trachtler-Seele, hängen da auch noch transparente Blusen, die eher auf die Münchner Hansastraße passen als auf die Wiesn, dazu Corsagen und Hemden, die sich schon beim Anblick einer Waschmaschine in all ihre Fasern auflösen. So schrecklich all das fürs Auge ist, es gibt auch eine Beobachtung die Hoffnung macht. Über den Ständern dieses Plunders leuchten große Sale-Schilder, die Spottpreise sind zu Verspottpreisen reduziert. Dass es knapp einen Monat vor der Wiesn schon soweit ist, lässt vermuten, dass die heimische Jugend auf so einen Schmarrn nicht reinfällt.

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