Mitten im Landkreis:Philosophie als Teufelswerk

Eine Bustour zu Denkmälern lässt Raum für einen göttlichen Dialog

Von Christian Lamp

Ab und zu kommen Reporter in Bus oder Bahn ins Gespräch mit anderen Fahrgästen. So wie jüngst mit einer netten, grauhaarigen Dame bei der vom Landratsamt organisierten Bustour zu Denkmälern im Landkreis. Man plaudert über dies und das und landet irgendwann und irgendwie bei der Frage, wieso Menschen an Gott glauben. Gefährliches Terrain. Die Gesprächspartnerin ist der Meinung, wirtschaftlich und sozial Benachteiligte bemerkten schnell, dass es "ohne Gott nicht geht" - während sich die Reichen länger der Illusion menschlicher Allmacht hingeben könnten.

Der Reporter verdrückt sich den Hinweis auf die Geschichte, die nahelegt, dass Religion als Heiligenschein lediglich das Jammertal verschleiert und die Verhältnisse damit zugunsten der Reichen verfestigt. Dass es gerade die Elenden sein könnten, die, statt fromm Gott zu finden, die Scheinheiligkeit des Ganzen enttarnen könnten. Stattdessen antwortet er bemüht konziliant mit der Anekdote von Pascals Wette: Der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal (1623-1662) hinterließ nach seinem frühen Tod ein unvollendetes Zettelkonvolut, die "Pensées". Der Reporter zitiert also ein Fragment daraus ("wenn Ihr gewinnt, so gewinnt Ihr alles, und wenn Ihr verliert, so verliert Ihr nichts") und Stanislaw Lems Interpretation gleich mit dazu, der den Gedanken veranschaulicht hat und zu dem Schluss kommt, die Existenz Gottes sei zwar unbewiesen, es erscheine aber letztlich vernünftiger, rein vorsichtshalber an Gott zu glauben. Die Gesprächspartnerin kontert umgehend: Ein christlicher Priester habe ihr erzählt, "in ganz vielen dieser Philosophien" stecke "der Teufel drin".

Das ist natürlich eine ganz eigene Sicht auf diese Welt. Der arme Pascal des Teufels? Was soll man dazu sagen. Gut, dass die Inquisition längst passé ist. Sonst wäre der Reporter wohl Gefahr gelaufen, als Ketzer denunziert zu werden. Immerhin hätten die prachtvollen Denkmäler ein hübsches Ambiente für den Scheiterhaufen dargestellt.

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