Marihuana-Verkauf vor Gericht:Zu dünne Beweislage

Amtsrichter spricht 29-Jährigen vom Vorwurf des Drogenhandels frei. Staatsanwältin hatte ein Jahr Haft beantragt

Von aRIANE LINDENBACH, Fürstenfeldbruck

Ein Jahr Haft für den Verkauf von 20 Gramm Marihuana hätte ein 29-Jähriger am Donnerstag bekommen, wenn es nach dem Willen der Staatsanwältin gegangen wäre. Doch der Vorsitzende Richter am Amtsgericht in Fürstenfeldbruck hielt die wenigen Beweise, die sich lediglich auf die polizeiliche Aussage eines Beschuldigten stützten, für nicht ausreichend, um damit einen Schuldspruch wegen Handels mit Betäubungsmitteln zu rechtfertigen. Deshalb sprach er den jungen Mann aus dem westlichen Landkreis in diesem Punkt frei. Er verhängte allerdings eine Geldstrafe über 2400 Euro, weil der Angeklagte den Besitz einer geringen Menge Marihuana gestanden hatte.

Die Staatsanwältin legte dem 29-Jährigen zur Last, im Oktober 2015 Marihuana an einen Bekannten verkauft zu haben. Anfang vergangenen Jahres hatte dann die Polizei seine Wohnung durchsucht und dabei eine geringe Menge Marihuana gefunden. Den Besitz der Droge räumte der Mann von Anfang an ein. Zum Vorwurf des Verkaufs sagte er dagegen nichts. "Wir machen das wie bisher", der Verkauf von Betäubungsmitteln sei falsch, erklärte sein Verteidiger.

Aus Ansbach war ein Kriminalbeamter angereist. Er hatte den Belastungszeugen vernommen. "Er hat angegeben, dass er vom Angeklagten 20 Gramm Marihuana für elf Euro bekommen hätte", referierte dieser die Aussage. Auf Nachfrage des Richters gab er an, dass er erst den Namen des Angeklagten genannt hatte und dann die Aussage mit dem Marihuanaverkauf gekommen sei. Wie der Polizist unterstrich, war ein anderer Mann, den sein Zeuge belastet hatte, inzwischen rechtskräftig verurteilt worden. Zu einer Freiheitsstrafe. Näheres, etwa worauf sich das Urteil begründete, wusste der Beamte allerdings nicht.

Der Vorsitzende Richter Martin Ramsauer gab zu Bedenken, dass der Belastungszeuge den Angeklagten nur bei seiner Vernehmung bei der Polizei beschuldigt hatte, als er selbst mit Vorwürfen konfrontiert war und womöglich auf Paragraf 31 hingewiesen worden war. Dieser verspricht eine mildere Strafe, wenn ein Beschuldigter kooperiert. Und zum Beispiel andere Täter belastet. Vor Gericht hatte dieser Belastungszeuge die Aussage verweigert. Zweimal.

"Nach meiner Einsicht ist aufgrund der Aussageverweigerung der Tatnachweis nicht gegeben", sagte Ramsauer in Richtung der Staatsanwältin und regte eine Einstellung des Verfahrens an. Diese hingegen verwies auf das Strafregister des Angeklagten: Fünf Verstöße quer durch das Strafgesetzbuch, darunter ein älterer einschlägiger sowie eine offene Bewährung. Mit dieser Vorgeschichte gebe es weder eine Einstellung noch eine Bewährungsstrafe. Sie beantragte ein Jahr Haft wegen Handels mit Betäubungsmitteln. Die Tat sei durch die Aussage des Polizisten erwiesen, sagte sie. Details wie die Erklärung des Belastungszeugen, er kenne den Angeklagten von der Reptilienmesse, untermauerten laut Anklägerin dessen Glaubwürdigkeit.

"Es gibt kein Telefonat, dass die Aussage stützen würde. Es gibt nicht einmal einen Kontakt", erwiderte der Verteidiger. Er verwies darauf, dass der Belastungszeuge zwar im Zusammenhang mit Drogen verurteilt worden war - allerdings nicht wegen der 20 Gramm, die er angeblich vom Angeklagten bekommen hatte. Er beantragte 800 Euro Geldstrafe (20 Tagessätze a 40 Euro) wegen Drogenbesitzes. Der Vorsitzende folgte dem Antrag weitgehend, auch argumentativ. "Es war zu berücksichtigen, dass die Aussage im Rahmen einer Beschuldigtenvernehmung getroffen wurde", der Zeuge also vielleicht den Angeklagten beschuldigt habe, um selbst besser wegzukommen.

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