Mammendorf:Zurück im Beruf

Berufs-Wiedereinstieg Förg

Die Frau am Empfang: Seit etwas mehr als einem Jahr ist Anita Förg (links) wieder berufstätig, bei Jennifer Rosenheimer im Mammendorfer Institut für Physik und Medizin.

(Foto: Günther Reger)

Viele Frauen geben ihren Job wegen der Familie auf. Auch Anita Förg hat 15 Jahre lang pausiert. In Mammendorf hat sie im Institut für Physik und Medizin nun einen Arbeitgeber gefunden, der auch Wiedereinsteigerinnen eine Chance gibt

Von Heike A. Batzer, Mammendorf

Schon 15 Jahre draußen aus dem Beruf? Viele Arbeitgeber winken gleich ab. Sie interessieren sich nicht für Frauen, die nach längerer Familienpause wieder einsteigen wollen. Anita Förg hat sich trotzdem nicht abschrecken lassen. Seit einem Jahr hat die 51-jährige Landsberiederin wieder eine Arbeitsstelle und ist glücklich. Ihr Arbeitgeber ist es auch.

Förg arbeitet beim Mammendorfer Institut für Physik und Medizin (MIPM) am Empfang. Das Unternehmen entwickelt und produziert seit 35 Jahren medizintechnische Geräte, darunter spezielle Patientenmonitore für den Einsatz im Kernspintomografen. Die Firma ist in 68 Ländern aktiv und erhielt im Januar den bayerischen Exportpreis von Wirtschaftsministerium und IHK. Und leistet sich flexible Arbeitszeitmodelle. "Wir wollen das Potenzial von Frauen nicht verschenken", sagt dazu Jennifer Rosenheimer, die 31-jährige Juniorchefin und Tochter von Firmengründer und -chef Michael N. Rosenheimer. Sie habe mitbekommen, wie schwer Frauen es häufig hätten, wenn sie wieder arbeiten wollten.

Die mittlerweile seit mehr als einem Jahr währende Arbeitsbeziehung zwischen Förg und dem MIPM hat sich bestens entwickelt - für beide Seiten. Das kleine Firmenschild, das Anita Förg an ihrer Jacke trägt, zeigt ihren Namen, ihr Foto und das Datum ihres Firmeneintritts: Es war der 16. April 2016. Seither sitzt sie an drei Tagen in der Woche im Erdgeschoss des Gebäudes am Empfang, gleich neben Eingangstür und Treppe. Förg arbeitet jeden Mittwoch, Donnerstag und Freitag, jeweils von 9 bis 17 Uhr, die beiden Tage am Wochenanfang hat sie frei. Sie wollte ganz bewusst eine Teilzeitstelle haben.

Bei der Rückkehr in den Beruf half ihr die Servicestelle Frau und Beruf in Fürstenfeldbruck. Diese Servicestellen, die es in mehreren Städten gibt und die mit Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds und dem Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration gefördert werden, unterstützen Frauen bei der Berufsorientierung und begleiten diese auf dem Weg zurück in den Job. Auch Anita Förg hatte dort in Workshops Bewerbungs- und Kompetenztraining erhalten. "Das war eine tolle Vorbereitung", sagt sie rückblickend. Dabei habe sie erfahren, worauf es bei Bewerbungen ankommt und wie "man seine eigenen Kompetenzen herausfindet". Sie lernte dabei auch, dass sie auch in der Familienzeit etwas geleistet hatte, und habe sich durch diese Unterstützung leichter getan. Das ist das Gegenteil dessen, was sie zuvor erlebt hatte, als sie selbst einige Bewerbungen verschickt und manchmal nicht einmal eine Antwort erhalten hatte: "Da wird man dann schon unsicher", erinnert sie sich: "Ich war entmutigt und enttäuscht."

Auch ihren jetzigen Arbeitgeber hat Anita Förg über die Servicestelle kennen gelernt. Das Mammendorfer Institut hatte sich dort vorgestellt. Förg erfährt zunächst, dass sie dort ein Praktikum machen könne, dass aber zu diesem Zeitpunkt keine Stelle frei war. Sie ist dennoch interessiert: "Das Firmenprofil hat mir sehr gut gefallen. Auch, dass die Firma in der Nähe ist." Förg wohnt im Nachbarort Landsberied, die Fahrt dauert mit dem Auto nicht mal zehn Minuten. Nur wenige Wochen später sucht MIPM jemanden für Empfang und Rezeption - allerdings in Vollzeit. Die Firma ermöglicht es ihr dennoch, in Teilzeit zu arbeiten - auch in dem Wissen, dass "15 Jahre raus aus der Bürotätigkeit eine Menge sind", wie Förg weiß, und sie sich zudem als Quereinsteigerin bewirbt. Mehr als zehn Jahre lang hatte sie bei einer Bausparkasse in München gearbeitet, dann wurde ihr erster Sohn geboren, der heute 21 ist. Für zwei volle Tage pro Woche stieg sie nach der Geburt des ersten Kindes dort wieder ein, 2003 kam der zweite Sohn zur Welt.

Mit dem Mammendorfer Institut für Physik und Medizin wird sie schließlich einig, auch, weil beide Seiten Kompromisse eingehen. MIPM wollte ursprünglich die Stelle teilen, die Wahl fiel schließlich auf Anita Förg allein. An drei Tagen arbeitet sie nun insgesamt 21 Wochenstunden, an den anderen beiden Tagen wird der Dienst am Empfang auf andere Mitarbeiter verteilt. Die Firma schätzt Anita Förgs Flexibilität und die Geduld, mit der sie an sich arbeitet. "Das ist traumhaft", sagt Jennifer Rosenheimer. Anita Förg lobt das Verständnis, das ihr Arbeitgeber ihr nach längerer beruflicher Pause entgegen gebracht hat in Bereichen, "in denen ich noch Zeit brauche". Excel und Outlook hat sie sich schnell in Kursen angeeignet, nun verbessert sie ihr Englisch, denn die Kunden sind international. "Man kriegt wieder Auftrieb, was zu lernen", sagt Förg.

Dass ihr beruflicher Wiedereinstieg zu Hause in der Familie "für alle eine Umstellung war", weiß sie: "Alle müssen mithelfen, und ich habe gelernt, Prioritäten zu setzen und die Woche durchzuplanen." In der Firma ist sie nun Teil eines jungen Teams, in dem die meisten erst Anfang zwanzig sind. Ihr anfänglich befristeter Vertrag wurde bereits im vergangenen Dezember in einen unbefristeten umgewandelt. Nicht bei allen läuft das so. Sie kenne viele, die nur 450-Euro-Jobs hätten, sagt Anita Förg. Sie würde sich wünschen, dass "mehr Unternehmen den Mut aufbringen, Wiedereinsteigerinnen zu nehmen".

Tag der offenen Tür zum 35-jährigen Firmenjubiläum beim Mammendorfer Institut für Physik und Medizin (MIPM) am Sonntag, 21. Mai, von 12 bis 17 Uhr, Oskar-von-Miller-Straße 6. Besucher können dabei unter anderem ihren Blutdruck und ihre Sauerstoffsättigung bestimmen lassen.

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