Mammendorf:Auf der Suche nach dem Paradies

Ausstellung Contrair

Bruchstückhaft: Für Klaus Kühnlein liegt das Paradies in Mexiko. Seine fünfteilige Arbeit ist von einer Reise dorthin inspiriert.

(Foto: Günther Reger)

Gemeinschaftsausstellung der Künstlergruppe Contrair

Von Julia Bergmann, Mammendorf

Was für den einen den Himmel auf Erden bedeutet, ist für den anderen die reine Hölle. Was es nun wirklich ausmacht, das Paradies, kann letztlich niemand mit Gewissheit sagen. Eine Annäherung an eine Antwort hat die Mammendorfer Künstlergruppe Contrair mit den Arbeiten für ihre Gemeinschaftsausstellung "Paradiesische Zustände" gewagt.

Entstanden sind dabei höchst unterschiedliche Arbeiten, darunter Skizzen, Gemälde und Skulpturen. Darunter etwa ein meterlanges Schiff aus Papier und Draht, das zu Hanne Wölfles Gemälde "Raum geben" gehört. Auf der zweigeteilten Leinwand sind zwei Boote auf offenem Meer zu sehen. Während sich auf einem von ihnen eine Gestalt an einem großen, hellen Segel zu schaffen macht, sieht es so aus, als würden die Passagiere des zweiten Bootes, unter eben jenem Schutz suchen wollen. Das Motiv ist motiviert von der Flüchtlingsthematik. Doch wo ist das Paradies?

"Das Paradies ist es, Raum zu geben. Für die, die ankommen, ist es das Paradies, den Raum zu bekommen", sagt Wölfle, die eine der insgesamt fünf Aussteller ist. "Auch wenn es schwierig ist, sehe ich die vielen Menschen immer noch als Bereicherung", fügt sie hinzu, um dann hinterherzuschieben: "Die Schwierigkeiten, das ist die Schlange." Die Schlange, die sich in den Garten Eden schleicht und die paradiesische Seligkeit stört.

Für Klaus Kühnlein wiederum liegt das Paradies in Mexiko. Von einem vierwochigen Aufenthalt dort hat er sich zu einigen seiner Arbeiten für die Ausstellung inspirieren lassen. Schemenhaft sind darauf Bruchstücke von Ornamenten der Azteken und Inkas zu erkennen. Ein Opferstock verschwindet im dunstigen Gelb, die Umrisse von Totenköpfen treten aus einer violett- terrakottafarbenen Wolke hervor. Die Bilder wirken nebelig, mystisch, fragmentarisch - wie sichtbar gewordene Erinnerungsfetzen, die sich zu einem großen Ganzen zusammensetzen. Kühnlein schwärmt von den Ornamenten, den anspruchsvollen Formen, die er in dem fernen Land, in Kalkputz verewigt, vorgefunden hat. Er spricht vom Dampf des feuchtwarmen Urwalds, der die beeindruckenden Stätten früherer Kulturen umgeben hat und vermittelt so einen Eindruck von dem schwer zu fassenden Gefühl, das auch aus seinen Bildern spricht. "Das Mystische spürt man an diesen Orten ganz stark. Das ist für mich etwas paradiesisches", sagt Kühnlein.

Harald Hübners Garten Eden bleibt auf eine gewisse Weise kryptisch. Er hat sich dem Surrealismus verschrieben. Ein Teil seiner Arbeiten mutet wie Szenen eines auf wundersame Weise verdrehten Traums an. Die Zuwendung zum Surrealen hat Hübner einer "Initialzündung" aus seiner Kindheit zu verdanken. Ein Lächeln schleicht sich auf Hübners Lippen, als er von dem Zimmer seiner Vergangenheit erzählt, von dem Schrank vor seinem Bett, auf dessen Tür sich im Dunkel der Nacht wunderbare Schatten und Schemen abzeichneten. Und noch eine Leidenschaft hat sich Hübner aus seinen Kinderjahren gerettet. Seine Mutter hatte ihn oftmals zu Schmuck-Ausstellungen mitgenommen und dabei eine bleibende Faszination in ihm gesät. Seine handgeformten Stücke, die in der Ausstellung zu sehen sind, sind zum Teil aus Ton geformt, auf den er während eines Italienaufenthalts gestoßen ist. Hübner hat noch an Ort und Stelle begonnen zu formen: kleine Köpfe, die er anschließend mit goldenem Schlagmetall umhüllte, mittelalterlich anmutende Kettenanhänger, allesamt noch in Italien am Lagerfeuer gebrannt. Hübner bückt sich und hält den Augenkontakt nun über einen kleinen Spiegel. "Für manche ist es auch ein paradiesischer Zustand, wenn sie sich neuen Schmuck umlegen können", sagt er und lacht.

Die Ausstellung "Paradiesische Zustände" eröffnet am Freitag, 30. September, um 19 Uhr. Besichtigt werden kann sie noch am Samstag, 1. Oktober, von 13 bis 20 Uhr und am Sonntag, 2. Oktober von 13 bis 19 Uhr in den Räumen der Firma Karl Kühnlein an der Mannesmannstraße 2 in Mammendorf.

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