Maisach:Solidarität und Tradition

Der Isidoriverein wurde 1775 gegründet und ist der älteste Verein im Landkreis. Ursprünglich als Beistandskasse für in Not geratene Bauern gegründet, hat er sich zu zu einer Gemeinschaft entwickelt, die sich für landwirtschaftliche Themen einsetzt und regionales Brauchtum fördert

Von Manfred Amann, Maisach

Es war keine einfache Zeit für die Menschen damals, als der Maisacher Pfarrer Simon Nottenstein und der Braumeister und Inhaber der örtlichen Braustätte, Castulus Zangmeister, den "Isidori-Verein Maisach und Umgebung" als bäuerliche Hilfsorganisation ins Leben riefen. Ein Gründungsstein erinnert daran. Man schrieb das Jahr 1775. Im Bayernland, das seinerzeit nur aus Ober-, Niederbayern und der Oberpfalz bestand und in dem etwa 90 Prozent der Menschen in der Landwirtschaft tätig waren, regierte Kurfürst Maximilian III. Joseph, und nahezu ganz Europa litt an den Nachwirkungen der Hungerjahre 1771/72, die durch große Missernten ausgelöst worden waren. 240 Jahre nach seiner Gründung, müssen sich die Landwirte längst nicht mehr gegenseitig stützen, doch die Verehrung des Bauernheiligen aus Spanien ist geblieben. Der Isidori-Verein ist der älteste Verein im Landkreis und versteht sich heute als Traditionsvereinigung, die den Bauernstand offen vertritt und sich für die Bewahrung und Belebung des regionalen Brauchtums einsetzt.

Auch wenn die Höfe weniger werden und das High-Tech-Zeitalter die bäuerlichen Strukturen stark verändert hat, halten viele Bauernfamilien oft seit Generationen dem Verein die Treue. Doch eine Vielzahl der gut 300 Mitglieder kommt mittlerweile auch aus anderen Berufen. "Sie kommen aus Bereichen, die mit Landwirtschaft zu tun haben, sind ganz allgemein dem Bauernstand gut gewogen oder wollen unser Engagement für die Bewahrung des Brauchtums unterstützen", erklärt Paul Siebenhütter, der den Verein seit einigen Jahren leitet. Wer Mitglied werden wolle, müsse "schon eine bäuerliche Seele mitbringen", so der Landwirt aus Diepoltshofen, dem es wichtig ist, dass die Gemeinschaft auch gepflegt wird. Auch wenn der Verein in Maisach gegründet worden sei, habe sich das Aufkommen der Mitglieder nie nur auf den Ort beschränkt, waren Leid und Not doch überall in der Region. Heute kommt die Mehrzahl der Mitglieder aus der Großgemeinde Maisach, dem östlichen Landkreis Fürstenfeldbruck und dem südlichen Landkreis Dachau, vereinzelt auch aus weiter entfernten Orten wie Sulzemoos, Mittelstetten, aber auch aus Bruck, Puchheim und Germering. Laut Siebenhütter wurde der Verein "aus der Not heraus geboren", nachdem sich bereits in den Jahren 1771 bis 1774 Maisacher Bauern zu einer Notgemeinschaft zusammengeschlossen hatten, dessen Ziel es gewesen sei, die wirtschaftlichen Nöte auf dem Land abzumildern. Der Chronist Matthias Schmidhammer bezeichnete die Zeit als "schlimme Jahre", in denen Viehseuchen, Hagelschläge, lange Winter, Kälte sowie der Frühreif oft Saat oder Ernten vernichteten. Man habe oft nur so viel Getreide ernten können, wie man zur erneuten Aussaat brauchte, für Brot oder für die Tierfütterung sei da nichts mehr geblieben.1772 seien drei Menschen verhungert und die Mangelernährung habe zudem Krankheiten hervorgebracht. Die Notgemeinschaft habe dann den Kauf von Saatgut gebündelt, sich um die Erhaltung des Viehbestandes gesorgt, kleine Darlehen und eine Nachbarschaftshilfe organisiert, der sich nach Aussagen des Chronisten zum "Segen für die gesamte Bevölkerung" entwickelte.

Der neue Verein, der aufgrund des großen Zulaufes dann entstand, wuchs schnell und konnte insbesondere in den ungünstigen Erntejahren 1780 und 1785 vielen Bauern mit günstigen Darlehen für den Saatgutkauf aus der Patsche helfen. Eine hohe Wirkungskraft entfaltete er wieder in der bayerweiten Hungersnot 1816/17. Aus den Anfangsjahren des Isidori-Vereins ist wenig bekannt. Es liegen keine Mitgliederlisten oder Jahresberichte vor, im Pfarrarchiv wurde jedoch ein Einnahmen- und Ausgabenbüchlein aus dem Rechnungsjahr 1786 gefunden, in dem zum Beispiel die Gebühren für Gedächtnisgottesdienste von Bauern in Alling, Überacker und Jesenwang verzeichnet sind - ein Hinweis, dass Mitglieder schon damals aus anderen Orten kamen. Aus Listen, die von 1860 an geführt wurden, lässt sich ersehen, dass die Mitglieder aus allen Orten im Landkreis kamen, aber auch aus Augsburg, Traunstein, Landsberg, Pasing und auch ein Nürnberger war beigetreten. Von 1800 an sind auch andere Berufe in den Mitgliederlisten vermerkt: Wirt, Zimmermann, Schreiner, Bader, Sattler, Bote, Straßenwärter, Waldaufseher, Waffenschmied, Siebmacher, Schuhmacher, Seiler, Fischer, Kupferschmied sind nur eine Auswahl von vielen, zu denen selbst ein Hoflakei von der Residenz in München und ein Privatier gehörten. Im Laufe der Jahrzehnte mit besseren Zeiten für die Landwirtschaft konnte sich der Verein nach und nach neu ausrichten und sich zu einer Traditionsgemeinschaft entwickeln. 1854 wurde die erste Fahne gekauft, die aber nur als Kirchenfahne diente. Sie wurde renoviert und 2005 erstmals bei der Fronleichnamsprozession in Maisach mitgetragen. 1927 und 1975 erwarb der Isidori-Verein offizielle Vereinsfahnen. Das wichtigste Fest im Jahreskreis war und ist die Hauptversammlung, die ab 1812 als Maisacher Bauernjahrtag ganz groß mit Festgottesdienst zu Ehren des heiligen Isidor, gemeinsamem Mahl, Pferderennen und Tanz begangen wurde. Aufgrund des Pferdemangels wurde von 1966 an kein Pferderennen mehr organisiert und von Tanzveranstaltungen ist man auch abgekommen. Zu den Versammlungen heute werden Festredner eingeladen, die hauptsächlich zu Themen sprechen, die einen landwirtschaftlichen Bezug haben.

1985 stellte der Isidor-Verein an der Schulstraße ein Feldkreuz auf, an dem Maiandachten abgehalten werden. Man beteiligt sich am Erntedankfest, eine Abordnung mit Fahne nimmt an der Beerdigung von Mitgliedern teil, man ist bei allen kirchlichen und weltlichen Festen dabei und geht Wallfahrten nach Andechs. In der dortigen Klosterkirche befindet sich eine alte Kerze mit der Beschriftung "Umb das Jahr 1552 hat die pfarrgemeindt zu Maysach diese Kerze hierher verlobt und aufgericht". Für Aufsehen sorgt bei festlichen Umzügen wie zum Beispiel beim Leonhardiritt in Fürstenfeldbruck immer wieder der Themenwagen des Vereins, auf dem ganz der Legende nach auf einem Feld ein Engel einen Pflug führt, während nebenan der heilige Isidor vor einem Feldkreuz betet.

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