Maisach:Schüler kochen für Schüler

Mittelschule Maisach

Chefkoch Florian, Carina und Sivan sind an diesem Freitagvormittag damit beschäftigt, die 64 Teigfladen für die Tortillas auszurollen und zu belegen.

(Foto: Günther Reger)

An der Mittelschule in Maisach organisiert eine eigens gegründete Firma einmal pro Woche den Pausenverkauf. Das Projekt ist Bestandteil der Vorbereitungsklasse für die Mittlere Reife

Von Karl-Wilhelm Götte, Maisach

Chefkoch Florian rollt zusammen mit seiner Mitschülerin Carina den Teig aus. Damit sind sie gut beschäftigt, denn 64 tellergroße Teigfladen sind eine ganze Menge Teig zum Ausrollen. Dazwischen nimmt Florian die ersten gebackenen Fladen aus dem Ofen. Insgesamt sechs Schülerinnen und Schüler der zehnten Klasse von der Mittelschule in Maisach stehen in der schuleigenen Küche und bereiten schon seit neun Uhr morgens ihren Mitschülern ein Essensangebot zu. Eigentlich sollte es schon gegen halb zehn fertig sein, das klappte nicht so ganz. Deshalb erfolgte eine Lautsprecherdurchsage, dass die mexikanischen Wraps oder Tortillas in der zweiten Pause um 11.15 Uhr für zwei Euro bereit stehen werden.

Die sechs Schülerinnen und Schüler gehören zu "Mabrosch", der Maisacher Brotzeitschule, die vor einem Jahr gegründet wurde. Die sogenannte Schülerfirma organisiert jeweils an den Freitagen den Pausenverkauf für Schüler. Von Montag bis Donnerstag übernimmt ein externer Anbieter den Verkauf in der Schule. Klassenlehrerin Marina Widder, die auch Wirtschaftskunde unterrichtet, hat vor einem Jahr ihrer Vorbereitungsklasse für die Mittlere Reife, die Gründung der Schülerfirma vorgeschlagen. Die Schüler sind nach dem Qualifizierten Hauptschulabschluss in Maisach in eine der beiden speziellen zehnten Klassen gekommen, um die Mittlere Reife in zwei Jahren zu bestehen. In diese Vorbereitungsklassen gehen Schüler aus dem gesamten Landkreis, zwei weitere solche Klassen für Hauptschüler mit entsprechend gutem Quali gibt es noch an der Wittelsbacher Mittelschule in Germering.

Die Mitarbeiter der Maisacher Schülerfirma sind jetzt in der Abschlussklasse und werden im kommenden Frühjahr ihre Prüfungen für die Mittlere Reife absolvieren. "Wir haben die Klasse in vier Gruppen geteilt, die abwechselnd den Pausenverkauf organisieren", erklärt der 17-jährige Sivan. "Sonst würden wir den Unterricht zu sehr vernachlässigen." So eine mustergültige Einstellung freut natürlich Lehrerin Widder und die Schulleiterin Corinna Niedring. Sie geben den Schülern ihre notwendigen Freiheiten für die Schülerfirma. "Ich gehe davon aus, dass sie selbstständig und verantwortlich arbeiten", so Widder. Vorbereitet hat die Klasse die Firma mit Hilfe eines halbjährigen Theorieteils, der durch die Kolping Akademie aus Augsburg erfolgte Jetzt beherrschen die Schüler betriebswirtschaftliche Aspekte, wie Warenein- und verkauf, Personaleinsatz, Marketing, Kalkulation und Buchführung. "Wir kalkulieren heute bei den Tortillas mit Kosten von einem Euro pro Stück", sagt der 16-jährige Florian, der wie Daniela, Forca, Carina, Sivan und Ibo, der den Abwasch übernommen hat, emsig arbeitet, dass das Angebot bis 11.15 Uhr steht. Der Einkauf am Vortag nach Unterrichtsschluss war etwas teurer als sonst. Verkauft werden die 64 gefüllten Teigtaschen für zwei Euro das Stück. Bleibt etwas übrig, geht das Geld in die Schülerfirma für neue Geräteanschaffungen ein. Auch für Bedürftige in Maisach haben die Schüler schon gespendet.

Florian ist auch Zuhause Hobbykoch. Hauptberuflich will der Germerswanger das jedoch nicht machen, er wird 2016 eine Ausbildung bei MTU beginnen. Unterstützt hat das Projekt auch Physik- und Mathelehrer Walter Braun, der den Schülern einiges über gesunde Ernährung nahegebracht hat. Die Schüler bemühen sich jeden Freitag möglichst um ein warmes Angebot. Zuletzt gab es eine selbst zubereitete Schnitzelsemmel. Für die Schülerfirma haben die Produzenten einen eigenen großen Raum zur Verfügung gestellt bekommen. Dort findet hinter einer Theke auch der Pausenverkauf für die etwa 200 Schülerinnen und Schüler der Mittelschule statt. Bleiben Tortillas übrig, werden sie von den Machern verspeist.

Schulleiterin Niedring ist begeistert vom Einsatz der Schüler aus den Vorbereitungsklassen. Zumal den Jugendlichen, von denen viele einen Migrationshintergrund haben, die Schule nicht so leicht gefallen ist und fällt. "Die wollen alle, aber tun sich schwerer", so Niedring. "Aber sie sind total motiviert", lobt sie das Engagement der Jugendlichen, die das Ziel "Schüler für Schüler" großartig umsetzen würden. Für die Mitarbeit in der Schülerfirma erhalten die Schüler ein besonderes Zertifikat. Die Nachfrage nach einem Platz in einer Vorbereitungsklasse ist enorm. Niedring musste in Maisach zum Schuljahresbeginn etwa 20 Bewerber ablehnen. Hauptkriterium ist auch die Quali-Note. Nach der vierten Stunde ist für die Brotzeitgruppe noch längst nicht Schluss. In der fünften und sechsten Stunde steht noch eine Englischprobe an. Florian hat damit kein Problem: "Ich habe noch Energie. Kochen ist nicht so anstrengend."

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