Maisach:Gitarren nach Maß

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Die Acoustic-Guitar-Show im Maisacher Bräustüberl begeistert die Besucher begeistert mit ausgefallenen Instrumenten

Von Julia Bergmann, Maisach

Es geht nicht ums Äußere allein. "Sie muss das gewisse Etwas haben", sagt Hans Scheuber. Und dann, wenn man die Richtige gefunden hat, sei sie wie ein Geschenk fürs Leben, "in guten und in schlechten Zeiten". Scheuber spricht nicht von seiner Traumfrau, er spricht von der richtige Gitarre. Und eine, die schon ganz nah dran kommt, findet der Stuttgarter, der als Besucher zur Gitarrenausstellung gekommen ist, bei der Acoustic-Guitar-Show im Bräustüberl Maisach. Das gewisse Etwas sei für Scheuber immer der Sound des Instruments. Erst in zweiter Linie achte er auf die schöne Handwerkskunst, von der es am Sonntag im Bräustüberl im Überfluss zu sehen gibt.

Bayernweit ist die Gitarrenausstellung in Maisach die größte ihrer Art, sagt Veranstalter HD Scherer, der auch für die musikalische Reihe "Beer & Guitar" verantwortlich ist. "Außerdem können die Besucher hier Gitarren anschauen und in die Hand nehmen, die es im normalen Musikgeschäft sonst nicht gibt. Die Gelegenheit, eine 30 000-Euro-Gitarre auszuprobieren, hat man sonst selten", sagt Scherer. Tatsächlich, nach oben hin scheint es preislich kaum eine Grenze zu geben. Unter den etwa ein Dutzend Ausstellern befindet sich auch Gitarrenbauer Joe Striebel aus Wolfratshausen. Die Preise seiner Ausstellungsstücke beginnen ab 4500 Euro. Es könne aber auch schon mal vorkommen, dass ein Kunde einen fünfstelligen Betrag zahlt. Ganz einfach, weil eine handwerkliche Gitarre, je nach Geschmack und Klangvorstellung, individuell gearbeitet wird, man sie für den Musiker sozusagen maßschneidere. Auch physische Eigenschaften, etwa ob jemand kleine oder große Hände hat, werden beim Bau berücksichtigt.

An Striebels Stand wartet auf den Besucher das ein oder andere besondere Stück. Etwa eine Jazz-Gitarre im Stil der Dreißigerjahre, mit Stimmwirbeln aus Ebenholz, Schlagbrett in Schildpattoptik und feinen Perlmutt-Intarsien. Oder aber eine Resonator-Gitarre, die um 1920 erfunden wurden, um möglichst laut spielen zu können. Die Saiten der Gitarre laufen über einen dünnen Aluminiumkonus, der wie ein Lautsprecher funktioniert. "Man hatte damals noch keine andere Möglichkeit zu verstärken", erklärt Striebel.

Vorbei an verschiedenen Ausstellern, darunter etwa ein Musikfachgeschäft, ein bekanntes Fachmagazin und eine Gitarrenschule, geht es zum Stand von Wolfgang Dinter aus dem Allgäu. Dinter hat sich vor drei Jahren als Gitarrenbauer selbständig gemacht. An seinem Stand betrachten die Besucher Gitarren, die durch ihren minimalistischen Stil auffallen. "Sie sind aufs Wesentliche reduziert", sagt er. "Mir ist es wichtig, mit den Instrumenten einen möglichst guten Klang zu erzeugen und mit kleinen Details große Veränderungen zu erzielen". Was das bedeutet? Nun ja, alles beginne mit der Auswahl des Holzes. "Es kommt darauf an, gut abgelagerte Hölzer zu verwenden", erklärt der Gitarrenbauer. Sind diese nicht trocken genug, kann sich das Instrument später verziehen oder es bilden sich Risse. "Und jedes Holz hat unterschiedliche Klangeigenschaften", erklärt er. Zum Beweis spielt er eine Gitarre aus Fichte und Palisander an, deren Klang klar und brillant ist. Die Zeder-Mahagoni-Gitarre dagegen klingt etwas runder. Auch Dinter betont, eine solche Gitarre sei eine Maßanfertigung. Wer sich dafür entscheidet, habe die Möglichkeit, jedes Detail mitzubestimmen, vom Aussuchen des Holzes im Lager bis zum gewünschten Klang und der schwingenden Saitenlänge. "Die Gitarre sollte passen wie der richtige Schuh."

Während sich die Besucher oben umsehen, findet im Untergeschoss ein Gitarrenflohmarkt statt und den Nachmittag über werden verschiedene Musik-Workshops mit griffigen Titeln wie "How to become a Rockabilly" oder "Weg mit den Noten, ran an die Gitarre" angeboten. Die Workshops werden von Lehrern der "Easy Learning Music"-Musikschule von Erik Berthold angeboten. Schon vor rund 15 Jahren war Berthold als Musiker Bestandteil der Beer&Guitar-Reihe. Eher zufällig hat es sich ergeben, dass er gemeinsam mit Kollegen auch Unterricht angeboten hat. Unter den Kollegen ist etwa auch Ludwig Seus von der Spider Murphy Gang.

Bertholds Schule unterrichtet mittlerweile rund 250 Schüler. "Das wichtigste sind motivierte Lehrer, die lustig sind", sagt Berthold und schiebt hinterher: "Und in einer Band spielen." Weil das besonders bei den Kindern gut ankomme. Berthold weist auf Florian Groll, der an diesem Nachmittag den Schnupperkurs für Kinder unterrichtet. Er sei das beste Beispiel dafür, meint Berthold. Und Groll, staatlich anerkannter Gitarrenlehrer, stellt das bei seinem Workshop unter Beweis. Die sechs Kinder scheinen ihren Spaß zu haben, schon bald erklingen die ersten Töne. Dass Kinder ein Instrument lernen, findet Groll selbstredend wichtig. "Die meisten Kinder sitzen heute vorm PC oder der Playstation. Da ist Musik der bessere Zeitvertreib", meint er. Obwohl es immer schwieriger werde, Kinder dafür zu begeistern.

Zumindest an diesem Tag aber, scheinen die drei Jungs und drei Mädchen voll bei der Sache zu sein. Und plötzlich kommen noch zwei weitere Interessenten hinzu. Trotz Gitarrenmangels schafft Groll auch für sie Platz. "Das kriegen wir schon hin", sagt er.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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