Maisach:Das Ende der Fluglärm-Gegner

BI gegen Fluglärm

Versammelte Flugplatz-Gegner: Die Bürgerinitiative gegen Fluglärm mobilisiert, wie hier in Gernlinden, vor allem in den Neunzigerjahren viele Menschen zum Protest gegen einen geplanten Verkehrsflugplatz.

(Foto: Günther Reger)

Nach 25 Jahren Kampf gegen einen Verkehrslandeplatz zwischen Maisach und Fürstenfeldbruck hat die Initiative ihre Auflösung beschlossen. Ihr Ziel ist längst erreicht: Seit fast zwei Jahren gibt es dort keine Flieger mehr

Von Ariane Lindenbach, Maisach

Applaus. Immer wieder brandet am Freitagabend der Applaus im Bürgerzentrum in Gernlinden auf. Damit wollen die Anwesenden, allesamt Mitglieder der Bürgerinitiative gegen Fluglärm, Dankbarkeit, Stolz und Freude zum Ausdruck bringen. Die Emotionen sind berechtigt. Denn ohne die Bürgerinitiative gegen Fluglärm mit Norman Dombo an der Spitze, gäbe es jetzt vermutlich zwischen Maisach und Fürstenfeldbruck statt dem Fahrsicherheitstraining von BMW einen Verkehrslandeplatz für Privat- und Geschäftsflieger. Doch dieses Szenario erscheint heute, da die Bundeswehr den Wegzug aus Fürstenfeldbruck längst verkündet hat, vollkommen unrealistisch. Deshalb ist der Anlass des Treffens ein erfreulicher: Die Bürgerinitiative gegen Fluglärm löst sich an diesem Freitagabend auf. Denn aktuell sehen die Akteure keine Bedrohung für den Landkreis durch einen Flugplatz.

Am 17. Mai 1992 ging der Flughafen Erding in Betrieb. Und damit wuchs der Druck auf den Militärflugplatz zwischen Maisach und Fürstenfeldbruck. Von 6000 Flugbewegungen im Jahr zu den militärischen Öffnungszeiten, wie Altbürgermeister Gerhard Landgraf vor den etwa 70 Anwesenden referiert, gingen die Forderungen aus dem bayerischen Wirtschaftsministerium unter Otto Wiesheu auf 60 000 pro Jahr hoch. Landgraf erzählt die Anekdote, wie ihn Wiesheu einmal "wie einen kleinen Schulbub" stehen ließ und ihm versicherte: "Die Zivilflieger kommen nach Fürstenfeldbruck."

Aber die Bürgerinitiative mobilisierte die Menschen in der Umgebung. Auf Fotos, die per Diashow an die Wand geworfen werden, sieht man demonstrierende Menschenmassen, mit Plakaten in den Händen. In Olching zum Beispiel kamen etwa 3000 Demonstranten. Oder auch die aus Holzlatten gezimmerten Protestschilder an den Ortseingängen der Kommunen: 38 insgesamt, für jedes benötigte die BI eine Baugenehmigung. Der Altbürgermeister erinnert an die Höhepunkte des von der Bürgerinitiative organisierten Widerstandes. Und natürlich, ganz wichtig, das "in einer Nacht- und Nebelaktion" geschlossene Tor 6, das von der Gemeinde, also von Landgraf, verantwortet wurde. Als der Altbürgermeister davon erzählt, ist einer der Momente an jenem Abend, in dem wieder einmal Applaus aufbrandet. Ebenso, als Landgraf den Amtsleiter des Rathauses, Peter Eberlein, erwähnt. Der ist von Anfang an im Kampf gegen die Zivilflieger und nun auch bei der Umsetzung des sogenannten Maisacher Nachnutzungskonzepts dabei. Landgraf erwähnt auch den Gröbenzeller Landtagsabgeordneten Reinhold Bocklet. Der habe es geschafft "in seiner Fraktion den entscheidenden Meinungsumschwung" herbeizuführen.

Norman Dombo, von Beginn bis zum Schluss das vereinende Element und der Sprecher der Bürgerinitiative, ist an diesem Abend sichtlich bewegt. "Eigentlich wollte ich die Versammlung locker durchziehen", sagt der SPD-Gemeinderat mit belegter Stimme. Doch ein Vierteljahrhundert lang immer zu kämpfen, auf dem Laufenden zu bleiben, sich um alles zu kümmern - da gehe so ein Abschied nicht völlig ohne Emotionen über die Bühne. Doch die Anwesenden und alle Mitstreiter könnten auch stolz auf das Geleistete sein. "Wir sind die einzige BI, die einen Flugplatz verhindert hat". Und nach seinen Informationen sei sie mit zeitweise 1500 Mitgliedern die größte Bürgerinitiative Deutschlands. Bürgermeister Hans Seidl hält sich kurz. Er dankt im Namen von 11 000 Maisachern und den Anwohnern aus Olching, Emmering und Mammendorf für eine Zukunft ohne Fluglärm.

Die Formalitäten sind an diesem Abend sehr schnell erledigt. Einstimmig beschließen die Anwesenden die Auflösung der Bürgerinitiative. Und einstimmig billigen sie den Vorschlag des Vorstandes, das BI-Vermögen in Höhe von gut 15 000 Euro, zu splitten: ein Teil soll Initiativen zugute kommen, die ebenfalls gegen Fluglärm kämpfen. Der Rest, voraussichtlich der größere Teil, geht an die Gemeinde Maisach für gemeinnützige Zwecke.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: