Landtagswahlkampf:Wie auf Schienen

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Grüne legen Schwerpunkt auf Verkehrswende

Von Peter Bierl, Olching

Martin Runge hat ein gutes Gedächtnis und Witz. Mit beidem hat der Landtagskandidat bei der Kreisversammlung der Grünen in Olching ein kleines Quiz gestartet und gleichzeitig eine Attacke auf die Unfähigkeit der CSU in Sachen Schienenverkehr. Runge frage die Mitglieder, ob sie noch wüsste, wer der Minister gewesen sei, der einst verkündete, bis 2009 werde die Münchner S-Bahn mit einer Echtzeit-Informationssystem für Störungen ausgerüstet. Otto Wiesheu war es, der Mann, der ebenfalls angekündigt hatte, die S 4 werde bis 2009 bis zur Buchenau viergleisig ausgebaut sein. "Einen zweistelligen Millionenbetrag hat der Freistaat damals ausgegeben, aber es ist nicht besser geworden", kritisierte Runge. Und: Der neue Ministerpräsident Markus Söder schwadroniere in der Regierungserklärung über bayerische Raumfahrt, dabei stimmten noch nicht mal die irdischen Zuganzeigen.

Die Verkehrspolitik wird einer der Schwerpunkte im Landtagswahlkampf der Grünen sei. Runge versuchte die Defizite beim Schienenverkehr mit Zitaten aus der Vergangenheit zu belegen. Es seien "immer wieder die gleichen leeren Versprechen". Er verwies auf die Ausschreibung der Vorplanung für den Ausbau der S 4 und erinnerte daran, dass die Bahn AG das 2005 und 2006 schon einmal gemacht habe. "Die Fahrgäste, der Steuerzahler, die Journalisten und Politiker werden für dumm verkauft", rügte er.

Die zweite Stammstrecke in München sei ein "grandioses Desaster", selbst wenn man sie an den ursprünglichen Ankündigungen der Staatsregierung messe. Eigentlich sollte die Röhre bis 2010 gebaut sein. Um drei sinnvolle Haltestellen und einem Südast nach Giesing, so dass Züge nicht am Ostbahnhof hätten wenden müssen, habe man das Projekt abgespeckt. Das ursprüngliche Versprechen, anschließend einen Zehn-Minuten-Takt einzuführen, habe man längst kassiert. Damit sei die CSU selbst mit dem von ihr favorisierten Mammutprojekt "krachend gescheitert", bilanzierte Runge. Stattdessen werde sich der Takt zu den Hauptverkehrszeiten an einigen wichtigen S-Bahn-Stationen wieder verschlechtern.

Sollte die S 4 irgendwann tatsächlich ausgebaut werden, sei es ein großer Fehler, nur ein drittes Gleis bis Eichenau zu verlegen. Denn das dritte Gleis erhöhe die Kapazität nur um 20 Prozent, vier Gleise dagegen um bis zu 120 Prozent, weil Regional-, Fern- und S-Bahn-Verkehr auf unterschiedlichen Gleisen fahren könnten.

Alle Versuche, das zentralistische Münchner S-Bahn-System zu einem Netz auszubauen, seien blockiert worden, weshalb bis heute alle durch das Nadelöhr Stammstrecke müssten, beklagte ein Zuhörer. Den Südring habe man "schlechtgerechnet" und die Stadt-Umlandbahn sei gescheitert, weil die Kommunen sich nicht stärker dafür engagiert hätten, sagte Runge. In der Debatte ging es vor allem um die Frage, warum der Protest aus der Bevölkerung nicht stärker sei. "Die Leute sind total frustriert und nicht mehr zu mobilisieren", meinte der Puchheimer Stadtrat Manfred Sengl. Die Kreisvorsitzende Elke Struzena stuft das Projekt der zweiten Röhre als lähmend ein. Schon in der Bürgerinitiative "S 4-Ausbau jetzt" habe es Reibungsverlustegegeben, weil die SPD-Vertreter das Projekt befürworten. Trotzdem müsse man an dem Thema dran bleiben. "Wir brauchen eine radikale Verkehrswende, weil es mit dem Auto nicht mehr weitergeht", forderte Struzena.

© SZ vom 23.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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