Landsberied:Schneefreude vor der Haustür

Der Schlepplift am Filzberg in Landsberied ist der einzige im Landkreis. Die Piste ist zwar nicht besonders lang. Dafür gibt es aber Tiefschnee, keine langen Schlangen und praktisch immer einen Parkplatz. Und einen Liftbetreiber, der Gummibärchen verteilt

Von Ariane Lindenbach, Landsberied

"Parkplatz" steht auf dem unscheinbaren Plastikschild am Straßenrand kurz vor Landsberied. Uneingeweihte vermuten hier wohl nichts weiter als einen guten Standort, um von dort aus einen Spaziergang zu unternehmen. Tatsächlich aber gehört das Hinweisschild zur einzigen Skipiste im Landkreis Fürstenfeldbruck. Und die ist nicht nur deshalb etwas ganz Besonderes, weil man mit dem Auto über den verschneiten Feldweg direkt bis an deren Rand fahren und oberhalb davon parken kann - sofern der Bettrieb nicht zu groß ist. Doch an diesem Montag ist wegen des vielen Schnees sogar eher zu befürchten, dass der Schlepplift wegen der ungemütlichen Witterung schon vor seinem offiziellen Ende um 17 Uhr den Betrieb einstellt.

Das Schneetreiben kann es an diesem frühen Nachmittag durchaus mit einem alpinen Skiort aufnehmen. Dennoch hat Dieter Schlederer seinen Lift pünktlich um 14 Uhr angeschaltet. Immerhin drei Menschen nutzen ihn: zwei jugendliche Snowboardfahrer, einer davon wegen des Schneefalls und des eisigen Windes komplett hinter Mütze, Skibrille und Schal verborgen, sowie ein Neunjähriger, Nicolas Schmid. Der Bub brettert ohne Stöcke auf seinen Skiern gekonnt den Abhang hinunter. Seine Mutter, Nicole Schmid, steht dick eingepackt oben und schaut ihm zu. Vor ihr auf einem Schlitten steht eine Tasche mit einer Thermoskanne Tee und einer kleinen Brotzeit. Vor 37 Jahren habe sie hier am Filzberg das Skifahren gelernt, von ihrer Mutter. Und vor mehreren Jahren habe sie es ihrem Sohn beigebracht, erklärt die Fürstenfeldbruckerin, die inzwischen in Aich lebt. "Aber inzwischen kann er es schon ganz gut", freut sie sich

Landsberied: Skifahren mal anders: Der Schlepplift in Landsberied ist aus den 1970er Jahren.

Skifahren mal anders: Der Schlepplift in Landsberied ist aus den 1970er Jahren.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Es schneit jetzt vielleicht noch etwas stärker, aber Schmid winkt ab, als man Befürchtungen äußert, der Lift könne seinen Betrieb einstellen. "Solange noch jemand fahren will, bleibt der offen bis um 17 Uhr", versichert die junge Frau. Da steigt ihr Sohn wieder oben aus dem Lift und kommt vorbeigefahren. "Hunger." Schmid reicht ihm eine Bäckertüte. "Der Tiefschnee", sagt sie, als Nicolas zur nächsten Abfahrt aufbricht, locke viele Leute hierher.

Die überschaubare Piste wird nicht von Raupen platt gewalzt. Für Schmid ist außerdem die Nähe ein unschlagbarer Pluspunkt: Mal schnell am Nachmittag für ein paar Abfahrten vorbeizuschauen ist schon eine ganz andere Aktion als ein Ausflug in ein Skigebiet in den schneesicheren Regionen der Alpen mit teurem Skipass, ebensolcher Einkehr auf einer Skihütte und oft am Ende unvermeidlichem Stau.

Wer hingegen mit seinen Brettln zum Filzberg nach Landsberied kommt, hat eher den Eindruck, in einem zwar sehr kleinen, aber auch sehr familiären und beschaulichen, privaten Skigebiet gelandet zu sein. Und ein bisschen kommt der Eindruck auf, als sei hier die Zeit stehen geblieben. Der Ein-Personen-Schlepplift ist eine Konstruktion aus der Zeit seiner Errichtung Anfang der Siebzigerjahre. Oben am Ausstieg steht mit schwarzem wasserfesten Filzstift auf gelbe Plastikschilder geschrieben "Ab hier Ausstieg" und "Sofort wegtreten". Die auf 550 Meter gelegene "Talstation", dort wo die Gäste in den Lift einsteigen, ist eine kleine Holzhütte. Außen hängt eine Preisliste (35 Fahrten 10 Euro, eine Fahrt 70 Cent). Drinnen sitzt Dieter Schlederer auf seinem Drehstuhl hinter einem kleinen Schiebefenster. Er verkauft Punktekarten, die sich die Besucher mit einem roten Gummiband am Oberarm befestigen. Der 78-jährige Neuaubinger, der früher auch zwei Skilifte in Leutstetten und einen in Gilching betrieben hat, verteilt immer wieder Gummibärchen an die jüngeren Skifahrer. Die Tüte dafür steht links neben dem Schiebefenster.

Landsberied: Liftbetreiber Dieter Schlederer kennt viele von ihnen.

Liftbetreiber Dieter Schlederer kennt viele von ihnen.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

"Finde ich ja super, dass ihr das immer noch macht." Ein Mann beugt sich über seine vielleicht achtjährige Tochter zu dem Fenster hinab, kauft eine Karte. Schlederer lächelt, gibt ihm die Karte, dem Mädchen ein paar Gummibärchen. "Ich mach das nebenher, weil mir das einen Riesenspaß macht", erklärt der 78-Jährige und seine Augen leuchten, als er erzählt, wie sich die Leute freuen, wenn sie hier Skifahren können. Viele würden schon seit Generationen herkommen und hier am Filzberg ihren Kindern das Skifahren beibringen. Die meisten, die herkommen, kenne er. "Nicht namentlich, aber die Gesichter."

Inzwischen hat es aufgehört zu schneien. Was ein paar weitere Schneefreunde angelockt hat. Oben auf dem Parkplatz stehen mittlerweile sieben, acht Autos, auf die Piste mit den drei Bäumen mittendrin tummeln sich die zwei Snowboardfahrer mit einer Handvoll Skifahrer, die meisten freilich noch im Kindesalter. Auch ein paar Schlittenfahrer rutschen den Abhang hinab. Unten, auf den letzten paar steilen Metern vor der Talstation, übt ein Elternpaar mit der vielleicht dreijährigen Tochter die Basics: Aufstehen am Hang.

Landsberied: Aber Generationen von Anwohnern wie etwa Johanne lernen hier das Skifahren.

Aber Generationen von Anwohnern wie etwa Johanne lernen hier das Skifahren.

(Foto: Carmen Voxbrunner)

Doch wer meint, der Filzberg könne nur Kinderherzen erfreuen, irrt. "Einer ist da, der wird jetzt dann 85", erzählt Schlederer. "Der war früher Skilehrer und fährt hier den Hang runter, so elegant", mit einer Handbewegung deutet er sanfte Schwünge an. Da verdunkeln sich seine Züge. Er hat einen Schlittenfahrer auf dem Bereich der Piste entdeckt, die den Skifahrern vorbehalten ist. Flink ist der 78-Jährige aus seiner Holzhütte und pfeift mit zwei Fingern zwischen den Zähnen. "Hier nicht Schlitten fahren, das ist für die Skifahrer. Schlitten fahren nur hinter den Bäumen", schreit er. Der Vater nimmt seine Tochter an der Hand und gehorcht.

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