Kunst:Gesicht mit Turban

Auf Einladung der Künstlergruppe Gröben-Art haben sich in Puchheim sechs Künstler einer Sonntagsbeschäftigung der etwas anderen Art hingegeben und aus vielfältigsten Materialien Collagen geschaffen

Von Edith Schmied, Puchheim

Sammeln, kleben, schnippeln, pinseln. Die Tische im Atelier an der Puchheimer Sandbergstraße sind übersät mit bunten Bildchen und Ausschnitten, zum Beispiel aus der Zeitschrift "Vogue" oder dekorativen Kalendern. Dazwischen liegen Fotografien und Malerutensilien griffbereit. Das sieht auf den ersten Blick noch recht ungeordnet aus, und doch sind schon die ersten Fragmente von Collagen zu erkennen. Sechs Künstler haben sich auf Einladung der Künstlergruppe Gröben-Art die etwas andere Sonntagsbeschäftigung ausgesucht, um das zu tun, was vor 100 Jahren die Dadaisten kreiert haben: die Collage. Sie sollte ein Gegenentwurf zur konventionellen Kunst sein. Eine Revolte, die Alltagsgegenstände zum Kunstobjekt stilisierte und sie bewusst bunt durcheinander mixte. Zeichnet sich der Dadaismus an sich durch seine sinnfreien Lautgedichte aus, so ist die Collage eine Kunstform, die durchaus ansprechende Bilder ermöglicht.

Wie bunt und vielfältig diese Mischung aus den verschiedensten Utensilien ausfallen kann, ist schon kurze Zeit, nachdem die Teilnehmer sich an die Arbeit gemacht haben, zu sehen. Zwar haben sich die meisten der sechs Künstler zum ersten Mal an diese Technik herangewagt, aber das Ergebnis ist verblüffend. Inge Lankes zum Beispiel ließ sich von einem Kalender von Fernando Botero inspirieren. Eine dralle Nonne mit rot lackierten Fingernägeln räkelt sich auf dem Bild. Das gelbe Flügelhäubchen hebt sich dekorativ vom dunklen Hintergrund ab, diagonale Streifen erzeugen einen gelungenen Kontrast. Der schräge Blick eines ebenso pummeligen Malers hat etwas Voyeuristisches an sich. Die Komposition wirkt wie ein mittelalterliches Werk.

"Grundsätzlich kann jeder machen, was er will", betont Kursleiterin Michaela Friedrich. Mitunter ist aber die eine oder andere Anregung hilfreich. Rebecca Winklers Konzept besteht darin, dass sie private Fotos und Comicfiguren verbindet. Sie hat bereits mehrere Figuren drapiert, einige Köpfe ausgetauscht und spielt mit dem Gedanken, wie bei Comics, das Ganze in eine Sprechblase zu fassen. "Man könnte die Elemente auch mit Farbe und Pinsel verbinden" regt Friedrich an. Monika Heid variiert das Thema Wüste auf eine recht individuelle Art. Ein Haudegen mit Maschinenpistole, ein Lamborghini, Papierstreifen mit Vögeln auf Stromleitungen, Schlagworte ganz in der Tradition der Dadaisten, ein Gesicht mit Turban. So unterschiedlich die einzelnen Bestandteile sind, Farben und Anordnung vermitteln einen orientalischen Gesamteindruck.

Die fantastische Qualität der Fotografien aus der Zeitschrift Vogue eignet sich hervorragend, um Puzzlebilder individuell zu gestalten und hat einige der Künstler inspiriert. Wie etwa Ruth Hofstetter. Sie setzt mit einigen farbenfrohen Quadraten bewusste Akzente in das geometrisch aufgeteilte Bild, das sie mit schwarzen Abgrenzungen aus Tonpapier noch betont. Harmonisch fügt sich hier Unauffälliges mit Buntem. Hans J. Hönninger hat sich nicht nur "die ganz Schönen", wie er betont, ausgesucht. Zu den strahlenden Models aus der "Vogue" gesellt sich ein Mann, auch er nicht gerade hässlich. Spannung und Kontrast im Reich der Schönen ist eine alte Frau. "Die musste sein", erläutert der Vorsitzende der Gruppe Gröben-Art: "Opas gibt's halt in der ,Vogue' nicht".

Gisela Bieringer ist gerade dabei, die vielen Puzzleteile anzuordnen. Aus einem "Geo"-Heft hat sie Landschaften aus Neuseeland ausgeschnitten. Mit dem Entwurf ist sie noch nicht zufrieden. Sie will die exakten Ausschnitte auflockern. Sie legt ein paar Glitzerschnipsel dazwischen, verpasst einzelnen Bruchstücken mit der Schere eine Tierform und schon ist der Effekt eines Reiseprospektes verblasst. Es ist genau das, was sie erreichen wollte.

Hannah Höch, eine Meisterin der dadaistischen Foto-Collage und einzige Frau, quasi die Dame im Gruppenbild der Dada-Künstler, war die Inspiration für diesen Workshop. Weitere Künstler wird Michaela Friedrich in ihrer Reihe "Kunst am Sonntag" vorstellen, darunter so bekannte Namen wie Niki de Saint Phalle (19. Juni), Friedensreich Hundertwasser (9. Oktober) oder Marc Chagall (4. Dezember).

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