Kunst am Bau:Ungeliebt wie ein Staubfänger

Visiono Relief,Visino Relief

Das Relief von Arno Visino besteht aus mehreren Teilen wie diesem und ist seit 1998 im Gröbenzeller Betriebshof eingelagert. Die Sparkasse hatte es der Gemeinde nach dem Abbau geschenkt.

(Foto: Werner Urban/oh)

Das Holzrelief über die Gröbenzeller Geschichte von Arno Visino hätte einen Platz im neuen Rathaus finden sollen. Die Familie des Künstlers ist enttäuscht, dass es keine Möglichkeit zum Wiederaufbau geben soll

Von Karl-Wilhelm Götte, Gröbenzell

Lise-Lotte Visino ist sehr enttäuscht. Hatte sie doch darauf gehofft, dass das Kunstwerk ihres verstorbenen Ehemannes Arno Visino einen Platz im neuen Rathaus von Gröbenzell finden würde. Doch das wird nicht der Fall sein. So wird das Relief, das seit 20 Jahren im Gröbenzeller Bauhof eingelagert ist, dort erst einmal weiterhin verstauben. Arno Visino hatte das Kunstwerk 1964 im Auftrag der Kreissparkasse Fürstenfeldbruck für deren Zweigstelle in Gröbenzell erstellt. In einem halben Jahr schuf der Holzbildhauer das Werk, das den Namen "Die Siedler" trägt und sich mit der Geschichte Gröbenzells beschäftigt.

Zu sehen ist, wie die "Gröbenzöllner" Zollgebühren und Maut eintreiben oder im zweiten Bild die Übergabe von Ländereinen von adeligen Grundbesitzern an die Bauern. Dann stellt Arno Visino, der 1930 geboren wurde, Impressionen aus der Landwirtschaft und auch die Gröbenzeller Kirche dar. Die Russenbrücke wird angedeutet mit Angler und Fischzucht. Dann zeigt das Relief auch die Schafzucht aus vergangenen Gröbenzeller Zeiten und den Torfabbau. Als Abschluss des großformatigen Reliefs stellt Visino aktuelle Bezüge zu den Badeseen, den typischen Gröbenzeller Häusern, dem Flugplatz am Brucker Fliegerhorst und zum Bahnhof mit Dampflok her. "Es war mein Lebenswerk", schrieb Arno Visino einst für die Nachwelt auf. "Es fristet im Bauhof zwischen Baumaschinen ein trauriges Dasein", bedauerte der Künstler, der im Februar 2016 gestorben ist, noch zu Lebzeiten.

Arno Visino war gelernter Bildhauer mit Meisterprüfung. Seit 1957 wirkte er als freischaffender Holzbildhauer in Gröbenzell. In seinem Atelier beschäftigte er sich mit Kopien alter Meister oder mit eigenen Entwürfen. Visino war auch Spezialist für Restaurationsarbeiten. 1976 wurde er Vorsitzender der Künstlervereinigung im Landkreis Fürstenfeldbruck. In seiner Freizeit bastelte er Modell-Segelflieger.

Das Problem ist die Größe des Visino-Kunstwerks. Das Wandrelief ist 4,80 Meter breit und 3,50 Meter hoch. Schon im Neubau der Sparkasse vor etwa 20 Jahren fand sich dafür kein Raum mehr. Die Gemeinde hatte eigens eine Arbeitsgruppe "Kunst am Bau", die aus Gemeinderäten und Verwaltungsmitarbeitern bestand, eingerichtet. Die Mitglieder berieten, wie die Rathaus-Kunstwerke ins neue Gebäude integriert werden können. "Wir haben für das Relief keinen Platz gefunden", gibt FDP-Gemeinderat Klaus Coy das Ergebnis der Arbeitsgruppe vom September 2018 wieder. Man sei zusammen mit den Architekten alle Räume im neuen Rathaus durchgegangen.

Werner Urban vom historischen Verein der Gröbenzeller "Gröbenhüter" bezeichnet das als "Ausrede". Urban hatte sich im Auftrag der Witwe sehr bemüht, einen Platz für das Relief zu finden. "Die Gemeinde und die Gemeinderäte wollen das einfach nicht drin haben", steht für Urban fest. Ideen, es im neuen Rathaus unterzubringen, habe es schon gegeben. "Außen vor dem Sitzungssaal hätte man nur eine Tür versetzen müssen", so Urban. Die Gröbenhüter würden die Sache weiterverfolgen und nach einem Platz suchen. Im Bauhof wolle man das Kunstwerk keineswegs verstauben lassen.

Bei einem im Dezember stattgefundenen Gespräch von Lise-Lotte Visino und ihrer Tochter Andrea Visino mit Bürgermeister Martin Schäfer hatte dieser in Aussicht gestellt, das große Wandrelief vorübergehend in einer Gröbenzeller Schule unterzubringen, bis ein passender Platz gefunden werden könne.

"Der Bürgermeister hat gesagt, dass die Gemeinde das Kunstwerk auf jeden Fall behalten möchte", teilt Andrea Visino der SZ mit. Schäfer würde es aber auch als Leihgabe an einem anderen Ort zur Verfügung stellen. "Jedoch nicht für immer", sagt die Tochter des Künstlers.

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