Kreishaushalt 2017:Mehr Geld für Sozialhilfeempfänger

Der Landkreis will auf Regelsatz des Bundes freiwillig etwas drauflegen. Weil man angesichts der Zuwanderung die Balance zu den Einheimischen nicht verlieren dürfe, sagt Landrat Karmasin

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Die Sozialhilfeempfänger im Landkreis erhalten künftig mehr Geld, und zwar nicht nur die zum 1. Januar gesetzlich fälligen höheren Beträge, sondern auch eine Zusatzleistung des Landkreises. Das Plädoyer dafür sprach ausgerechnet Landrat Thomas Karmasin (CSU) selbst, der in den vergangenen Jahren stets gegen das regelmäßig von der SPD vorgetragene Ansinnen argumentiert hatte. "In Zeiten, in denen gigantische Summen ausgegeben werden für Menschen, die zu uns kommen, müssen wir vermeiden, dass es heißt, bei uns gibt es auch Menschen in Not und für die ist nie Geld da," sagte Karmasin in der Sitzung des Kreisausschusses. Der folgte dem Begehr mit großer Mehrheit.

Erwachsene Sozialhilfeempfänger im Landkreis Fürstenfeldbruck sollen dann nicht nur jene 409 Euro erhalten, auf die der Regelbedarf von 2017 an angehoben wird, sondern 430 Euro. Die Differenz trägt der Landkreis als freiwillige Leistung. Für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren steigt der Satz von den dann gesetzlich vorgegebenen 311 Euro auf 326 Euro, für Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr auf 303 und für Kinder bis sechs Jahre auf 247 Euro. Wer als Erwachsener in einer sogenannten Bedarfsgemeinschaft zusammenlebt, erhält im Landkreis künftig 387 Euro.

"Wir dürfen die Balance zu den eigenen Menschen, die in Schwierigkeiten sind, nicht verlieren und müssen jetzt ein Zeichen setzen", betonte Karmasin. Eine Argumentation, die Norbert Seidl (SPD) nicht gut heißen wollte: "Es geht einzig darum, ob ein Bedarf besteht. Die Verquickung mit Flüchtlingen hat hier nichts zu suchen." Die Motivation, dafür zu stimmen, könne für jeden eine andere sein, hielt ihm Karmasin entgegen.

Zwischen 2009 und 2011 hatte der Landkreis seinen Sozialhilfeempfängern ebenfalls einen höheren Betrag als den gesetzlich vorgeschriebenen überwiesen. Eine große Mehrheit der Kreisräte hatte sich damals dafür ausgesprochen, auch Teile der CSU-Fraktion. Seither hatte die CSU jedoch geschlossen gegen die jährlich von den Sozialdemokraten vorgebrachte Erhöhung gestimmt, zumeist wollten nur die Grünen höhere Sätze mittragen. Diesmal waren lediglich Emil Schneider (CSU) und Michael Leonbacher (Freie Wähler) dagegen, jene etwa 450 000 Euro, die die Erhöhung ausmacht, in den Kreishaushalt für 2017 einzustellen.

Wie die Auszahlung künftig umgesetzt werden soll, dazu soll zunächst die Verwaltung eine Verordnung ausarbeiten. Kreissozialamtsleiter Dieter Müller hatte in der Sitzung die Bedenken seines Amtes gegen die Landkreis-Zuzahlung vorgebracht. Sozialhilfe wird als sogenannte Grundsicherung im Alter ausgezahlt, wenn die Betroffenen über 65 Jahre alt sind, oder als Leistung bei Erwerbsminderung, wenn die Betroffenen jünger, aber dauerhaft erwerbsunfähig sind. Die Kosten trägt der Bund. Wenn der Landkreis nun draufsattelt, müsse jeder einzelne Bescheid "angefasst" und die Zusatzleistung des Landkreises "rausgerechnet" werden, erläuterte Müller. Das sei ein "erheblicher Verwaltungsaufwand", den man "personell derzeit nicht hinkriege". Max Keil (parteifrei) schlug deshalb vor, den Betroffenen stattdessen "lieber anderweitige Lebenshilfe auf Antrag zu geben", zum Beispiel einen Bonus auf Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs. Sepp Kellerer (CSU) regte zur Reduzierung des Verwaltungsaufwandes an, "vielleicht zweimal im Jahr eine Art Gutschein" auszugeben. Karmasin waren die Alternativvorschläge indes nicht recht, weil sie "weniger Signalwirkung" entfalten würden und "weniger nachhaltig" seien.

SPD-Fraktionssprecher Peter Falk hatte auch diesmal seinen Antrag auf eine höhere Sozialhilfe mit den "extrem hohen Lebenshaltungskosten" im Großraum München begründet. Die Sozialhilfe soll Bedürftigen das Existenzminimum, aber auch einen Mindeststandard für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sichern. Im Landkreis Fürstenfeldbruck ist die Zahl der Sozialhilfebezieher in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, von 572 Fällen Anfang 2005 auf mittlerweile 1057 Fälle. Das ist ein Anstieg um 85 Prozent. Weil sich hinter manchen Fällen mehrere Personen in einer Bedarfsgemeinschaft verbergen, gibt es im Landkreis derzeit 1876 Personen, die Unterstützung durch das Sozialamt erhalten.

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