"konsensorientiert und sachlich":Weihnachtsfriede im Kreistag

Zum zweiten Mal in der zwanzigjährigen Amtszeit von Landrat Thomas Karmasin verabschieden Politiker aller Gruppierungen den Haushalt einstimmig. Und dies, obwohl der Etat Konfliktstoff genug bieten würde

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Mit einer kleinen Sensation hat sich der Fürstenfeldbrucker Kreistag am Donnerstagabend in die Weihnachtspause verabschiedet. Nach 2009 zum zweiten Mal in der zwanzigjährigen Amtszeit von Landrat Thomas Karmasin (CSU) wurde ein Haushalt einstimmig angenommen. Selbst Kreisräte, die dem Gremium seit mehr als drei Dekaden angehören, konnten sich nicht an eine weitere solche Einmütigkeit erinnern. Da sich die breite Zustimmung schon vor der Sitzung abgezeichnet hatte, leitete Karmasin seine Etatrede mit einem Bibelzitat aus dem Buch Kohelet ein: "Streit hat seine Zeit und Friede hat seine Zeit." Im Kreistag standen die Vorzeichen diesmal auf Frieden.

Von der CSU-Fraktion über SPD, Grüne, Freie Wähler, FDP, UBV, ÖDP bis zu Parteilosen billigten alle einmütig den Etat mit einem Gesamtvolumen von 257 Millionen Euro. Obwohl die Vorlage, was Karmasin offen einräumte, alles andere als arm an großen Themen ist und durchaus Konfliktpotenzial geboten hätte, verliefen die Beratungen, wie es hieß, "konsensorientiert und sachlich". Obwohl der Kreistag für das kommende Jahr 56 zusätzliche Planstellen genehmigte, obwohl die Schulden um 16,5 Millionen Euro ansteigen und obwohl, was Martin Runge von den Grünen kritisierte, die Ausgaben in nur zwei Jahren um fast 30 Prozent angewachsen seien.

Vor allem zwei Punkte stimmten selbst hartnäckige Kritiker der konservativen Linie des Landrats versöhnlich. Das ist zum einen die Tatsache, dass das Zahlenwerk handwerklich solide und im Unterschied zu früheren Jahren fehlerfrei war und es, was Runge betonte, keinen Grund gab, das Zahlenwerk zu monieren. Ob dieses Lobes konnte die neue Kreiskämmererin Margret Scholl zufrieden sei, gerade weil sie keine einzige Frage beantworten musste. Zudem stimmte es SPD und das eher linke politische Lager versöhnlich, dass der Landkreis Empfängern von Sozialhilfe im kommenden Jahr mehr Geld auszahlt als der Regelsatz des Bundes vorsieht. Dies geschieht als freiwillige Leistung, weil die Lebenskosten im Ballungsraum von München höher sind als in anderen Regionen.

Standen die vergangenen zwei Jahre fast ganz im Zeichen der Aufgabe, mehr als 2000 Flüchtlinge unterzubringen und zu versorgen, können sich Landratsamt und Kreistag nun wieder auf ihre Kernaufgabe konzentrieren. Diese besteht darin, Kommunalpolitik zu gestalten. Dafür stehen hohe Investitionen in weiterführende Schulen und der Bau einer neuen Berufsschule. So wird der Landkreis 2017 für den Erhalt seiner Liegenschaften 29 Millionen Euro ausgeben. Zudem wurde ebenfalls einstimmig der Grundsatzbeschluss gefasst, ans Landratsamt einen Bürotrakt für insgesamt 112 Arbeitsplätze mit einem dreigeschossigen Parkdeck anzubauen. Die Notwendigkeit des Anbaus bestritt niemand, allerdings gab es für Karmasin heftigen Gegenwind, weil der Standort auf der Grünfläche des Landratsamts als städtebaulich falsch kritisiert wurde. Klaus Wollenberg (FDP) und Grüne forderten, anstelle eines Anbaus einen zusätzlichen Gebäuderiegel an der Münchner Straße zu errichten. Als Karmasin einlenkte und anbot, nochmals andere Standorte zu prüfen und aus der Beschlusslage die Festlegung gestrichen wurde, den Anbau in Fortsetzung des Westflügel zu errichten, stimmten dem 7,2-Millionen-Projekt alle einmütig zu.

Eine Ausnahme von der Einstimmigkeit gab es dann doch: Den Beschlussvorschlag, nach dem der Bau einer zweiten Fachoberschule (FOS) zurzeit als nicht realisierbar gilt, lehnten 13 Kreisräte ab. Deshalb soll die zweite FOS im Landkreis im kommenden Schuljahr mit einer Interimslösung in Klassenzimmercontainern starten. Peter Falk (SPD) favorisiert zudem einen anderen Standort. Olching oder dessen Stadtteil Esting, die mitten im Landkreis liegen, wären der ideale FOS-Standort. Auch über die Höhe der Kreisumlage wurde nicht, wie ist sonst üblich, vor der Haushaltsverabschiedung wie auf einem Basar gefeilscht, um die Kommunen noch etwas zu entlasten. Mit der Kreisumlage wird festgelegt, welchen Anteil des Ergebnishaushalts in Höhe von etwa 230 Millionen Euro die 23 Kommunen an den Landkreis abführen müssen, um für dessen ungedeckten Finanzbedarf aufzukommen. Im nächsten Jahr steuern die Kommunen insgesamt etwa 115 Millionen Euro bei, was einer Kreisumlage von 49,7 Punkten entspricht.

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