Kommentar:Verdrängtes Problem

In den vergangenen Jahren sind zu wenige Wohnungen für einkommensschwächere Bürger gebaut worden. Das muss sich rasch ändern

Von Gerhard Eisenkolb

Das Thema der Unterbringung der Flüchtlinge dominiert nicht nur die Arbeit im Landratsamt, sondern auch die politische Arbeit in den Gremien des Kreistags. Für andere, fast ebenso wichtige Themen, bleibt fast keine Zeit mehr. Das zeigte sich am Donnerstagnachmittag wieder bei den Beratungen im Kreisausschuss. So wurde in dem Gremium der neue Kooperationsvertrag mit der Caritas zur Finanzierung der Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit ebenso ohne Diskussion durchgewunken wie der Jahresbericht von deren Leiterin. Dabei gehört die Wohnungsnot mit den daraus resultierenden hohen Mieten zu den wichtigsten Themen der kommenden Jahre. Außerdem wird sich mit dem Zustrom der Flüchtlinge die Wohnungsnot samt der daraus resultierenden Obdachlosigkeit noch verschärfen.

Auch enthält der Bericht der Fachstelle durchaus Informationen und Hinweise, die aufrütteln müssten. Beispielsweise die, dass Familien mit Kindern im Landkreis kaum noch eine Chance haben eine Wohnung zu finden und sich deshalb in nur einem Jahr die Zahl der von Obdachlosigkeit bedrohten Kinder auf 351 verdreifachte. Obdachlosigkeit kann also sehr schnell zu einem Problem der Mittelschicht werden, sofern eine Ehe zerbricht, der Arbeitsplatz verloren geht oder gravierende gesundheitliche Probleme auftreten. Die gute Nachricht ist, dass es mit rechtzeitiger Präventionsarbeit gelingen kann, Menschen ihre Wohnung zu erhalten.

So wichtig die Arbeit der Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit ist, auf Dauer wird deren Einsatz nicht genügen, sofern niemand preiswerte Sozialwohnungen baut. Schließlich wird es auch für immer mehr junge Erwachsene und Senioren im Landkreis zum Problem, überhaupt noch eine Wohnung zu finden, die sie sich leisten können. Leider sind bisher alle Anträge und Vorstöße zur Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugesellschaft im Kreistag im Sand verlaufen. Bleibt zu hoffen, dass die Einsicht in die Notwendigkeit, etwas zu tun, mit der Zuwanderung an Flüchtlingen wächst. Allerdings sollte dann berücksichtigt werden, dass nicht nur Asylbewerber dringend Wohnungen brauchen, sondern auch solche Menschen, deren Heimat der Landkreis seit längerer Zeit ist. Auch hier sollte die Antwort lauten: Wir schaffen das.

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