Kommentar:Undiplomatische Regierung

Das Vorgehen der Regierung von Oberbayern gegenüber der Stadt Fürstenfeldbruck erinnert mehr an eine Erpressung als an Verhandlungen.

Von Stefan Salger

Schlägt man im Duden unter dem Begriff "verhandeln" nach, liest man: "etwas eingehend erörtern, besprechen, sich über etwas in einer bestimmten Angelegenheit eingehend beraten, um zu einer Klärung, Einigung zu kommen." Legt man diese Definition zugrunde, dann hat es eines gewiss nicht gegeben zwischen Regierung von Oberbayern und Kreisstadt: eine Verhandlung. Achtmal saßen deren Vertreter zusammen, immer ging es um die von der Regierung geplante Umwandlung der Erst- in eine Kurzaufnahme. Im zentralen Punkt blieben die Vertreter der Behörde hart: Sie lehnten die von Bruck geforderte Beschränkung der Betriebsgenehmigung für die Einrichtung am Fliegerhorst auf fünf Jahre ab. Zurecht kritisieren Stadträte ein "Diktat" statt einer Verhandlung und sprechen von Erpressung. Denn wenn Bruck der geplanten Umwandlung nicht zustimmt, droht die Bezirksregierung mit der großen Keule: dann soll trotz bundesweit deutlich sinkender Flüchtlingszahlen die Kapazität von 1600 Menschen voll ausgeschöpft werden. Und das vielleicht bis zum Sankt-Nimmerleinstag. Wer so etwas ankündigt, spielt der AfD in die Karten. Zuvor war die Kapazität ebenso scheibchenweise erhöht worden wie die prognostizierte Dauer der einst als provisorische Notmaßnahme gedachten Unterkunft: 200, 400, 800, 1000, 1600 Menschen, zwei Jahre, drei Jahre, fünf Jahre, zehn Jahre, vielleicht unbefristet. An mündliche Zusagen wollte sich plötzlich niemand mehr erinnern.

Kein Wunder, dass den Stadträten nun der Kragen platzt und sie ein Zeichen setzen wollen: Aufnahme von Flüchtlingen ja, aber so nicht! Verschärft wurde die Situation noch durch die Formulierung der Regierungsvizepräsidentin Maria Els, die in dürren Zeilen das angebliche "Vereinbarungsangebot" zementiert und jeden weiteren Verhandlungsspielraum verneint: "Weitere Zugeständnisse" seien "nicht möglich".

Gute Verhandler sind diplomatisch, würdigen die Vorleistungen der Gegenseite, geben dieser das Gefühl, gemeinsam auf Augenhöhe nach einer Lösung zu suchen, mit der alle leben können. Die Vertreter der Regierung haben diese Regel missachtet und lieber Pflöcke eingeschlagen. Sie tragen die Verantwortung für die harsche Ablehnung im Brucker Stadtrat. Vielleicht hätte man sich in der Mitte treffen können: eine Betriebsgenehmigung für die Asylunterkunft für maximal sieben oder acht Jahre.

Ärgerlich ist das Scheitern der Gespräche auch deshalb, weil eine Kurzaufnahme eigentlich für die Stadt leichter verkraftbar wäre als eine Erstaufnahme und der damit einhergehende Verzicht auf das bewährte Ehrenamtssystem weniger wiegt als die Vorteile: keine Kinderbetreuung, keine schnellen Anerkennungen von Asylbewerbern, die dann von der Stadt unterzubringen sind, weniger Aggressionen durch "Clanbildung" von jungen Männern, die keine Perspektive zu haben meinen.

Jetzt bedürfte es eines innovativen Ansatzes: Wie wär's mit Verhandeln?

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: