Kommentar:Mutiger Beitrag

Die Bauernbühne Unterpfaffenhofen konsterniert das Publikum mit einer gewagten Einlage: IS-Terroristen stehlen Germeringer Relique.

Von Karl-Wilhelm Götte

Wieder nix los" ist durchaus ein Synonym für Germering. Doch dann stürmen IS-Terroristen mit Salven aus Maschinengewehren die Bühne und klauen die Knochensplitter-Reliquie des heiligen Don Bosco. Im sonst so verschlafenen Germering ist selbst eine Bühnensequenz in der Stadthalle ein spektakuläres Ereignis. Jedenfalls blieb so manchen Besucher das Lachen im Halse stecken. Hatte doch das Publikum, wie überall bei den Starbierfesten landauf und landab, einmal abgesehen von Olching, gerade auch in Germering mit harmlosen Witzen über lokale Politikergrößen gerechnet, die man am nächsten Tag schon wieder vergessen hat. Doch plötzlich schießen als Islamisten verkleidete Schauspieler mit Maschinengewehren um sich und entweihen eine heilige Handlung der katholischen Kirche. Darf man das heutzutage aufführen?

Zugetraut hätte dies der Bauernbühne Unterpfaffenhofen jedenfalls kaum jemand. Sind doch die allermeisten Akteure des Laientheaters der Kirche durchaus verbunden. Diesmal haben sich Theaterleiter, Regisseur und Ensemble, was sie vorher selten taten, jedoch weit über den Germeringer Tellerrand hinausgewagt. Das lag auch daran, dass die spröden Lokalpolitiker kaum des Derbleckens wert gewesen waren. Selbst der 72-Prozent-OB Haas bietet keine kabarettreife Angriffsfläche mehr. "Früher waren wenigstens noch die Blutgrätschen vom Sepp Dürr das Salz in der Suppe", dichtete Spottreporter Gerhard Haas wehmütig. So stand plötzlich die IS-Szene, die nur zehn Sekunden dauerte, im Mittelpunkt des Starkbierfestes. Auch die folgenden Texte dazu hatten es in sich. Das Köpfen von Pfarrer Jaster zu thematisieren, war sicherlich gewagt und polarisierte durchaus. Natürlich fühlten sich auch Gläubige in ihren Gefühlen verletzt, als zum Kirchenlied "Großer Gott wir loben Dich" Schüsse ertönten. Doch zu schockieren, das war beabsichtigt und wirkte künstlerisch befreiend. Nimmt Kunst auf jede Befindlichkeit Rücksicht, ist es schlecht um sie gestellt. Kunst darf verspotten, auch die grausame Realität, die uns vermeintliche Religionen als angebliche Weisheit verheißen wollen. Die Germeringer Bauernbühne hat hier einen beachtliche Beitrag geleistet.

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