Herwig Bahner ist der Lieblingsfeind, an dem sich SPD, BBV und Grüne im Brucker Stadtrat immer genussvoll abarbeiten. Er hat sich in vielen Jahren einen Namen gemacht als grober Klotz, der ebenso konservativ wie rhetorisch und fachlich beschlagen ist. Bekannt dafür, bei Bedarf polternd auch exklusive Meinungen zu vertreten und keinen gesteigerten Wert auf Äußerlichkeiten oder Prestige zu legen - Unterlagen werden gerne in der Plastiktüte des Discounters transportiert. Nun also kehrt er der CSU den Rücken. Und man stellt sich die Frage: Bei welcher Partei könnte er sich heimisch fühlen? AfD? Aber Bahner ist mal wieder für eine Überraschung gut. Er sucht bei den Liberalen eine neue Heimat. Man muss ihm eine konsequente Haltung bescheinigen, zumal er den Finger in eine Wunde legt, wie dies sonst eher links orientierte Parteien tun: Flüchtlingsobergrenze? Verfassungswidrig! Debatten über die Autobahnmaut? Müßig. Viel wichtiger wären Reformen bei Gesundheit und Steuer.
Interessant wird, wer auf dem Tandem Herwig Bahner/Klaus Wollenberg (FDP) vorne sitzen darf und wann der erste Reifen platzt. Einigkeit mit Wollenberg könnte noch darüber hergestellt werden, dass Flüchtlingshilfe und Asyl aufs gesetzlich vorgeschriebene Mindestmaß beschränkt und Missbrauch unterbunden wird. Aber wie sieht es aus, wenn sich Bahner gegen Homoehe und Kleinstkinderbetreuung ausspricht? Sind das liberale Positionen? Besonders spannend wird sein, was mit dem Mann passiert, der bislang bereits in einer Fraktionsgemeinschaft mit Wollenberg verbunden war: Dieter Kreis von der ÖDP. Ist er bereit, auf dem Gepäckträger Platz zu nehmen oder steigt er freiwillig ab? Auf die Machtbalance im Stadtrat wird Bahners Reise nach Jerusalem übrigens nicht durchschlagen. Denn er wird sich gewiss weiterhin keiner Fraktionsräson unterwerfen - egal ob sich seine Meinung nun mit der CSU- oder FDP-Linie deckt. Oder auch mit keiner von beiden.