Kommentar:Gedenkarbeit mit Folgen

Jetzt, da München seine Gedenkstätte für die Opfer des Olympia-Attentats von 1972 hat, darf Fürstenfeldbruck daraufhoffen, in den kommenden fünf Jahren einen eigenen Erinnerungsort zu bekommen

Von Gerhard Eisenkolb

Wäre es nach Landrat Thomas Karmasin gegangen, hätte spätestens in dieser Woche zum 45. Jahrestag des Olympiamassakers im Alten Tower des Fliegerhorstes der Öffentlichkeit ein Erinnerungsort an den Terrorakt übergeben werden sollen. Schließlich interpretierte Karmasin zu Recht vor fünf Jahren das zentrale Gedenken für die Opfer des Attentats, das damals ja in Fürstenfeldbruck und eben nicht in München stattfand, als Auftrag für sich und den Landkreis, ein solches ehrgeiziges Projekt umzusetzen.

Das anzustreben, ist immer noch richtig und konsequent. War doch das 2012 weltweit beachtete Ereignis vor dem Fürstenfeldbrucker Tower der Lohn für 15 Jahre konsequente Erinnerungsarbeit des Landrats und seiner Unterstützer. Karmasin wird wohl noch weitere fünf Jahre abwarten müssen, bis sein Wunsch in Erfüllung geht. Bis dahin kann er sich damit trösten, bereits vieles erreicht zu haben, was in den Achtziger- und Neunzigerjahren undenkbar schien. So ist es selbstverständlich, dass das Gedenken an das schreckliche Ereignis nicht nur mit München, sondern auch mit Fürstenfeldbruck verbunden wird. Dazu trug allein die Wirkkraft bei, die regelmäßige Treffen von Mitgliedern der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern und Vertretern des israelischen Konsulats in Fürstenfeldbruck und an der Gedenkstätte entfalteten. Dabei sind nicht nur persönliche Beziehungen entstanden, sondern auch eine Dynamik, die auf das Gelingen von Karmasins Auftrag hoffen lässt.

Bei seiner optimistischen Prognose unterschätzte Karmasin 2012 ein Problem. Sein Gedenkort in Fürstenfeldbruck konnte nur eine Ergänzung zu dem sein, was in München erst noch entwickelt werden sollte. Erst jetzt, da München seine eigene Gedenkstätte hat, kann das kleine Fürstenfeldbruck nachziehen. Wobei im Alten Tower nicht nur an Vergangenes erinnert werden, sondern auch ein Beitrag zur Gestaltung der Zukunft geleistet werden soll. Kann doch dort eine Begegnungsstätte entstehen, an der sich junge Menschen auch mit dem Terror und dessen Folgen auseinandersetzen. Wie notwendig das ist, belegt jeder von der IS verübte Anschlag.

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