Kommentar:Ein Müllkonzept muss her

Die Einführung eines Biotönnchens kann die nötige Diskussion über den Umgang mit dem Abfall nicht ersetzen

Von Heike A. Batzer

Der Berg kreißte und gebar - ein Tönnchen. Schon die Bezeichnung im Stile eines Kosenamens signalisiert, dass das Klein-Behältnis irgendwie nicht recht ernst zu nehmen ist. Eine kleine Tonne. Ein Behälter für einen Behälter sozusagen. In der Praxis gestaltet sich das so: Organische Abfälle aus der Küche werden eigens gesammelt und später in einem der Papier- oder Stärkesäcke verschnürt, die der Landkreis anbietet. Die Säcke werden nun, auf dass sie heil bleiben, in das Tönnchen gesteckt und das Tönnchen wird am Abholtag vor die Haustür gestellt. Die Mitarbeiter der Entsorgungsfirma öffnen das Tönnchen, holen die Säcke wieder heraus und nehmen sie mit.

Was unpraktisch klingt, ist auch unpraktisch. Warum bietet man eine kleine Tonne zusätzlich zu mehreren großen Tonnen (für Restmüll, Papier und Wertstoffe) an? Warum muss feuchter Bioabfall überhaupt in Säcken aus Papier gesammelt werden? Längst überfällig ist deshalb die von einigen Kreisräten bereits angemahnte Diskussion über die Zukunft des Abfallsystems im Landkreis. Was vor einem Vierteljahrhundert zukunftsweisend war, muss heute nicht mehr passend sein. Dass der Müll in seine werthaltigen und wertlosen Bestandteile getrennt werden muss, bestreitet heute niemand mehr. Die Verbraucher haben viele Jahre bewiesen, dass sie bereit sind, ihre Abfälle detailliert zu sortieren, aber sie möchten dabei mehr Unterstützung und mehr Service haben.

Mit einer gewissen Halsstarrigkeit halten Abfallwirtschaftsbetrieb und Teile des Kreistags dennoch an ihrem bisherigen Abfallsystem fest. Doch der Landkreis kann sich nicht länger um die Frage drücken, wie er den Umgang mit dem Müll in Zukunft gestalten möchte. Zu viele Variablen beeinflussen mittlerweile die Abfallpolitik: Seit Wertstoffe immer mehr zum Wirtschaftsgut werden und auch dazu taugen, Energie herzustellen, stellt sich die Frage nach einem Überdenken des Systems umso dringlicher. Dazu hätte es kein Tönnchen gebraucht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: