Kommentar:Ein echtes Dilemma

Warum Schäden an Puchheimer Häusern durch das Geothermie-Projekt nicht ausgeschlossen werden können

Von Peter Bierl

Im Prinzip ist Geothermie eine gute Sache: Ein Reservoir reicht für Jahrzehnte, senkt den Kohlendioxidausstoß und macht keinen Lärm. Zwar sind schon etliche Beben durch diese Technik ausgelöst worden, aber nur von geringer Stärke, die allermeisten wurden von Anwohnern nicht einmal wahrgenommen. Es gilt jedoch die alte Bergarbeiter-Weisheit, vor der Hacke ist es dunkel. Niemand kann in die Zukunft sehen. Das Beben in Poing nach drei Jahren Geothermie-Betrieb hat die Experten überrascht und kein Wissenschaftler mag garantieren, das nicht mehr passieren kann.

Was viele Bürger fürchten sind Beben, die mikroskopisch kleine Schäden an Kellerwannen anrichten, so dass das in Puchheim hoch stehende Grundwasser in die Häuser eindringt. Nach aktuellem Kenntnisstand sind Beben solcher Stärke äußerst unwahrscheinlich, aber wenn sie auftreten, könnte der Schaden immens ausfallen. Betroffene Privatpersonen müssten langwierige Streitereien vor Gericht, mit teuren Gutachtern, ohne Rechtsschutz und ungewissem Ausgang auf sich nehmen. Das fängt damit an, dass die Betreibergesellschaft aus Kostengründen nicht den aktuellen Zustand aller Gebäude im Einwirkungsbereich dokumentieren wird. Im Ernstfall ließe sich trefflich streiten, welche Schäden längst vorhanden und welche durch Geothermie verursacht wurden. Nicht wirklich ein Trost ist, dass die Kommune für alle Schäden aufkommen müsste, sollte der schlimmste anzunehmende Fall eintreten, dass etliche Gebäude massiv beschädigt werden, und alle Stricke reißen, also die Haftungssumme und das Geld der Firmen nicht ausreichen. Denn dann hätte der Steuerzahler den Schaden zu begleichen.

Die Puchheimer stehen vor einem Dilemma: Geothermie ist ein Beitrag zum Klimaschutz. Sie soll allerdings nicht in der Wüste Gobi, sondern in dicht besiedeltem Gebiet errichtet werden. Es bleibt ein Restrisiko, das akzeptabel wäre, gelte nicht in unserer Gesellschaft der hehre Grundsatz, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert werden.

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