Kommentar:Das letzte Wort haben die Politiker

Die Bürgerbeteiligung ist ein wichtiges Korrektiv der Politik. Entscheiden aber sollten die gewählten Vertreter

Von Stefan Salger

Nicht selten wird Politikern vorgeworfen, hinter verschlossenen Türen über die Köpfe der Bürger hinweg zu entscheiden. Deshalb ist die Bürgerbeteiligung als Korrektiv unverzichtbar. Mündige Menschen wollen mitreden. Ihr schärfste Waffe ist der Bürgerentscheid als eine Art Notbremse, wenn Politiker allzu sehr abheben und das Gespür dafür zu verlieren drohen, was Otto Normalbürger wichtig ist. Auf diese Weise wird den Stadt- oder Gemeinderäten das Heft aus der Hand genommen, sie müssen dann ihre Hausaufgaben machen. Stumpfere, weil unverbindlichere Waffen sind Informationsveranstaltungen, Bürgerversammlungen und Workshops.

Wirklich demokratisch sind diese freilich nicht zwangsläufig, denn erfahrungsgemäß beteiligt sich an solchen Diskussionen ein überschaubarer Kreis besonders engagierter Menschen. So war das in den zurückliegenden Jahren beim Stadtentwicklungsprozess in Germering und so ist das bei der Suche nach einer geeigneten Gestaltung des Brucker Viehmarktplatzes. Gut 200 Personen trafen sich hier wie dort regelmäßig, diskutierten und zerbrachen sich die Köpfe über die beste Lösung. Das ist respektabel, bei Einwohnerzahlen um die 40 000 aber nicht repräsentativ. Mit den Monaten und Jahren wich der Enthusiasmus und die Hoffnung auf die Erfüllung eigener Wünsche zunehmend Ernüchterung und Enttäuschung.

Bürgerbeteiligung kann vor allem dann, wenn ein Projekt - wie jenes in Bruck - die Einwohner in zwei Lager spaltet, befrieden und Denkanstöße geben. Sie bedarf aber eines festen Zeit- und Kostenrahmens. Und niemand darf Wunder von ihr erwarten oder umsetzungsreife und finanzierbare Konzepte. Im Idealfall kann man sich auf ein sehr grobes Konzept verständigen. Die Meinung möglichst vieler Bürger einzuholen - von Angesicht zu Angesicht oder auch elektronisch -, ist eine ganz wichtige Säule bei der Entscheidungsfindung. Ein vielstimmiger Chor aber ist kein Ersatz für eine Mehrheitsentscheidung demokratisch legitimierter Mandatsträger. Diese dürfen Streitthemen nicht einfach an den Bürger delegieren. Sie müssen sich schon selbst den Kopf zerbrechen, sich Expertenmeinungen einholen und müssen auch dafür gerade stehen, dass sich die Kommune das leisten und man mit dem Geld an anderer Stelle nicht mehr bewegen kann. Das ist und bleibt der Job von Stadt- und Gemeinderäten. Dem Bürger bleibt ein Korrektiv: Er kann und soll Politiker an den Ergebnissen messen - spätestens bei der nächsten Wahl.

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