Kommentar:Das Land trauert, Bruck feiert

Speedway

Im Olchinger Speedway-Stadion hängt die Deutschlandfahne beim Event am Wochenende auf Halbmast.

(Foto: Günther Reger)

Nach der Bluttat von München wäre ein stilles Wochenende angebracht gewesen. Doch Fürstenfeldbruck schaltet in den Alltagsmodus zurück

Von Florian J. Haamann

Die Debatte darüber, ob das Brucker Altstadtfest nach dem Münchner Amoklauf zumindest am Samstag ausgesetzt oder gleich ganz abgebrochen werden sollte, war nicht nur Thema eines Treffens zwischen dem stellvertretenden Bürgermeister Erich Raff und den Fraktionsvorsitzenden des Stadtrats am Samstagmorgen. Auch in den sozialen Netzwerken wurde heftig diskutiert, die Fronten waren verhärtet, der Ton teilweise erschütternd. Die Leidenschaft, mit der diese Diskussion geführt wurde, zeigt aber, wie wichtig es war, diese Frage zu stellen und wie schwer es ist, die richtige Antwort darauf zu finden. Die Stadtspitze hat sich gegen einen Abbruch entschieden - und damit gegen die Pietät gegenüber den Opfern, den Trauernden, den Verunsicherten.

Natürlich ist es legitim zu sagen, wir führen das Fest weiter, gehen sofort in den Alltagsmodus über, während in ganz Deutschland, übrigens auch in Bruck, Trauerbeflaggung herrscht und in München fast alle Großveranstaltungen abgesagt werden. Nicht aus Angst sondern aus Respekt. Die Entscheidung, die nun getroffen wurde, ist aber unbefriedigend für alle, die in irgendeiner Weise von der Tat betroffen waren - und sei es "nur", weil Freunde oder Bekannte am Freitagabend stundenlang in München festsaßen, zu einem Zeitpunkt, zu dem noch nicht klar war, wie viele Täter es gibt und ob sie vielleicht gerade in der Stadt weitere Menschen bedrohen.

Aber nicht nur den Betroffenen hätte es gut getan, wenn die Stadt ein klares Zeichen gesetzt, und die Tage nach dem Amoklauf einfach Tage der Ruhe hätte sein lassen. Denn alle haben gerade erlebt, wie ein Jugendlicher andere Jugendliche und Kinder brutal ermordet hat. Und auch wenn seine Motive bisher nicht vollständig klar sind, so gibt es doch ein Video, auf dem er aussagt, dass er gemobbt wurde. Und wenn man dann direkt nach so einer Tat liest, dass Abbruchs-Befürworter und Gegner sich als "Depp", "Schwätzer" und "Heuchler" bezeichnen, dann wird deutlich, wie wichtig ist es wäre, dass sich jeder einmal Gedanken darüber macht, wie er mit anderen umgeht. Ein stilles Wochenende wäre dafür sicher eine gute Gelegenheit gewesen.

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