Kommentar:Berechtigte Zweifel

Eine politische wie juristische Aufarbeitung des Brucker Schlachthof-Skandals ist notwendig

Von Peter Bierl

Ordnung wird groß geschrieben im Land der sieben Zwerge. Für alles gibt es Regeln und Vorschriften, Auflagen und Kontrollen. Aber wenn es ums Geschäft geht, ist viel Show dabei. Das zeigen der große Diesel-Abgasskandal wie die Vorfälle im kleinen Brucker Schlachthof. Ein dichtes Kontrollnetz überzog den hochgelobten Betrieb, bei jeder Schlachtung war ein amtlich bestellter Tierarzt präsent. Regelmäßig wurden bauliche, hygienische und tierschutzrechtliche Defizite notiert. Doch bedurfte es eines unzufriedenen Insiders, der heimlich Videoaufnahmen anfertigte und Tierrechtlern übergab, bevor der Laden dichtgemacht wurde.

Sieben Monate später hat der Staatsanwalt das Videomaterial gesichtet, wie lange die Ermittlungen noch dauern, ist offen. Klar, die Materie ist knifflig, die Behörde überlastet und die Beweislage muss am Ende eindeutig sein. Gleichwohl ist der Argwohn der Tierrechtler nachvollziehbar. Im Herbst hat die Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen einen Münchner Schlachtbetrieb eingestellt. Wie in Bruck ging es gestützt auf Videomaterial um Hygiene und Betäubung. Übrig blieben nach zweieinhalb Jahren Ermittlung eine Geldauflage wegen geringfügiger Verstöße.

Ob es also zum Prozess kommt, steht in den Sternen. Eine politische Aufarbeitung wird es ohnehin nicht geben. Dabei ist der Landkreis einerseits lokale Kontrollbehörde, andererseits stiller Teilhaber des Schlachthofs. Bloß der Vorsitzende der SPD-Fraktion forderte eine andere Beteiligungsform, die eine Intervention ins operative Geschäft vorsieht. Der frühere Geschäftsführer, Max Keil, sitzt im Kreistag und amtiert als Umweltreferent. Als Kommunalpolitiker hatte er einst die Teilprivatisierung von Kontrollen unterstützt, weil das den Betrieb billiger kam. Weder erachtete Keil selbst einen Rückzug für notwendig, noch forderte irgendeine Partei Konsequenzen.

Mancher giftete stattdessen die Tierrechtler an. Die seien schuld, wenn die armen Viecher zum Schlachten jetzt weiter weg gekarrt werden müssten. Abgesehen von der SPD herrschte Schweigen im weiten Kreis der Parteien und Parteifreien, vermutlich aus Rücksichtnahme auf die Klientel der Direktvermarkter, Ökobauern und Metzger, allen schönen Reden von Verantwortung zum Trotz.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: