Kleidungsstücke aus Ton:High Heels braucht das Land

Renate Klussmann und Margherita Moroder präsentieren Keramiken, Grafiken und Gemälde im Gröbenzeller Bürgerhaus.

Angelika Steer

"Anziehend" - so lautet das Motto einer Gemeinschaftsausstellung der beiden Künstlerinnen Renate Klussmann und Margherita Moroder, die derzeit in der Galerie des Gröbenzeller Bürgerhauses zu sehen ist. Der Titel ist klug gewählt, denn seine Doppeldeutigkeit geht voll auf: Die Ausstellungsbesucher werden von den Exponaten, die sich mit dem Thema Bekleidung auseinandersetzen, magisch angezogen.

Moroder Klussmann

Das ewig Weibliche: Renate Klussmann (links) und Margherita Moroder in ihrer Ausstellung in Gröbenzell.

(Foto: Günther Reger)

Kaum zu glauben, aber Renate Klussmanns Kleidungsstücke, Schuhe, Handschuhe und Handtaschen sind aus Ton geformt. Gestrickte Bikinis, Spitzenkleider und unterschiedlichste Schuhmodelle weisen eine verblüffende textile Stofflichkeit auf. Deutlich glaubt man, zwischen High Heels, Plateauschuhen oder Ballerinas aus Leder, Plastik oder Filz unterscheiden zu können. Metallene Reißverschlüsse zieren diverse Oberbekleidungsstücke. Täuschend echt aus Ton nachgebildet.

Doch vor allem ihre beiden Abendroben aus Zeitungspapier dürften die Herzen der Ausstellungsbesucherinnen höher schlagen lassen. Klussmann hat das zu Streifen geschnittene, vergängliche Werkmaterial mit einer durchsichtigen Folie überzogen, um es dann wie Wolle zu verarbeiten. "Wortgewandt" nennt sie ihre beiden Luxus-Outfits, die man sicherlich sogar tragen könnte. Welche Frau könnte dazu schon nein sagen.

Auch die Südtirolerin Margherita Moroder fügt in ihre Grafiken und Gemälde ab und an Textfragmente ein, die schwerlich zu entziffern sind. Eigens für die Ausstellung konzipierte sie Darstellungen von Bekleidungstücken. Ein "Schuh in Blau" oder ein "String" dürfen in Anlehnung an Renate Klussmanns Werke nicht fehlen. Im Gegensatz zu deren plastischen Arbeiten bildet die Malerin ihre Wäschestücke jedoch betont flächig ab. Während die Exponate der Keramikkünstlerin leere Hüllen darstellen - die Trägerinnen der Kleidungsstücke lassen noch auf sich warten - zieht Margherita Moroder den Frauen buchstäblich die "Hosen an".

In verschiedenen Freizeit-Outfits stapfen ihre Protagonistinnen, die dem gängigen körperlichen Schönheitsideal wahrlich nicht entsprechen, selbstbewusst und mit weit ausholenden Schritten durch die Welt. Die Künstlerin hat ihre Farbpalette auf Beige-, Weiß- und Grautöne reduziert, ein warmes Orange setzt farbige Akzente. Ihr Hauptaugenmerk gilt der Linie. Fein gestrichelte und parallel zueinander verlaufende Schraffuren überziehen den mit Kreide grundierten Bilduntergrund und gliedern ihn räumlich auf. Eine wahre Sisyphusarbeit.

Ausdauer, Akribie und die Liebe zum Detail verbindet die Keramikkünstlerin und die Malerin. Beide verwenden gedeckte Farben, die äußerst harmonisch aufeinander abgestimmt werden. Eine ihrer Handtaschen hat Renate Klussmann mit einem frühen Selbstbildnis von Rembrandt bedruckt. Die Radierung zeigt ihn mit weit aufgerissenen Augen und geöffnetem Mund. Der große Niederländer blickt staunend auf die ausgestellten Exponate. Das tun wir auch.

"Anziehend", Skulpturen und Malerei von Renate Klussmann und Margherita Moroder in der Galerie des Gröbenzeller Bürgerhauses; geöffnet dienstags von 10 bis 12 und 17 bis 20 Uhr, mittwochs und donnerstags von 15 bis 18 Uhr, freitags von 10 bis 12 und 15 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 15 bis 18 Uhr; bis 20 Februar.

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