Kartoffelkombinat:Solidarisch ackern

Kartoffelkombinat

Die Felder, auf denen schon der neue Lauch wächst, haben die etwa 100 Besucher des Kartoffelkombinats begutachtet.

(Foto: Günther Reger)

In Spielberg sprießen gesundes Gemüse und die Hoffnung auf eine bessere Landwirtschaft

Von Ingrid Hügenell, Egenhofen

Im Februar, März und auch im April gibt es viel Sellerie für die Mitglieder des Kartoffelkombinats, außerdem Lauch sowie Rote und Gelbe Beete. Eben das, was verfügbar ist, was noch wächst am Ende es Winters. "Das war früher normal", erklärt Daniel Überall bei der Hofführung in Spielberg zwischen Oberschweinbach und Egenhofen, den die Genossenschaft nun im zweiten Jahr bewirtschaftet. "Es tut gut, sich darauf zu besinnen, wie es eigentlich gehört" - dass es natürlicherweise nicht alles immer gibt.

Mehr Vielfalt für die 1200 Genossenschaftsmitglieder, die einen Ernteanteil bekommen, ist schon in Sicht: In den Gewächshäusern sind Spinat, verschiedene Salatsorten und Rucola schon recht groß, die Kohlrabipflanzen zeigen die ersten Verdickungen. Auf den Feldern sprießen unter anderem Knoblauch und Lauch. Überall hofft, dass in diesem Jahr an die 70 Prozent des Gemüses, das in die Kisten kommt, auf den Flächen des Kombinats erzeugt werden können. Bisher waren es etwa 50. Der Rest wird von befreundeten Betrieben zugeliefert, die ebenso biologisch, regional und saisonal arbeiten. Die 18 Hektar in Egenhofen waren früher eine Baumschule, es muss noch viel Arbeit investiert werden, bis sich die Flächen alle zum Gemüseanbau eignen. Viel ist auch schon passiert. "Hier sah es zuerst aus wie auf einem Truppenübungsplatz", sagt Überall.

Etwa 100 Leute sind zur Hofführung gekommen, die meisten aus München, denn dort ist das Projekt entstanden und dort leben die meisten Genossen. Doch auch im Landkreis gibt es Interessenten, wie die Frage einer Frau zeigt. Ja, man kann auch Kartoffelgenosse werden, wenn man in Fürstenfeldbruck und Umgebung lebt, erklärt Überall. Denn zum einen kann man seine Kiste auf dem Hof abholen, zum anderen in der Kreisstadt. Die Gemüsekisten werden nicht nach Hause geliefert, sondern an Verteilpunkte, die zwischen Milbertshofen und Unterhaching, Fürstenfeldbruck und Riem liegen. Über den Großraum München hinaus wolle das Kombinat nicht wachsen, erklärt Überall. Ziel sei, bis 2020 etwa 1600 Haushalte zu beliefern. Dann würden die Kosten für alle sinken. Denn weil die Angestellten deutlich mehr als den branchenüblichen Lohn erhalten, ist das Gemüse nicht billig. "Teureres könnt ihr kaum kaufen", sagt Überall.

Das schreckt die Leute aber nicht ab. Das Kombinat existiert erst seit gut fünf Jahren, und die meisten Mitglieder kamen auf Empfehlung, weil sie das biologisch angebaute, wohlschmeckende Gemüse schätzen, aber vor allem, weil sie die Idee eines am Gemeinwohl orientierten Wachstums unterstützen wollen. So sei das Kartoffelkombinat zum größten Projekt einer solidarischen Landwirtschaft in Deutschland geworden, sagt Überall. "Wir verstehen uns als politisches Projekt. Wir wollen Lösungen erproben." Überall, sein Vorstandskollege Simon Scholl und die Kombinats- Genossen werden daher weiter trotz aller Hindernisse auch bürokratischer Art an ihrem Vorsatz festhalten, auf diese Weise die Konsumgewohnheiten der Menschen zu verändern.

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