Kabarettnachwuchs:Es kann nur einen Sieger geben

Selten war das Paulaner Solo so gut besetzt wie heuer. Tilmann Birr und Philipp Scharri aber können Maxi Schafroth nicht überflügeln.

Edith Schmied

Der Kabarettnachwuchs braucht sich nicht zu verstecken, das zeigte sich beim Finale des Paulaner- Solo-Wettbewerbes. Allen drei Kandidaten, Philipp Scharri, Tilman Birr und Maxi Schafroth, sagte Altmeister und Jurysprecher Michi Altinger zu Recht eine große Karriere voraus. "Da kommen einige der alten Kollegen gar nicht ran", lautete sein fachmännisches Kompliment. Dennoch fielen die Urteile der Jury (Christa Niederreiter von Bayern 2 und Jürgen Kirner) und des Publikums eindeutig aus. An der Bühnenpräsenz und Musikalität von Maxi Schafroth kam keiner vorbei. Der Allgäuer und sein musikalischer Begleiter Markus Schalk wurden zum Sieger des Abends gewählt. Nicht ganz so deutlich fiel die Entscheidung um die Plätze zwei und drei aus. Schließlich machte Tilman Birr knapp das Rennen vor Philipp Scharri.

Die Idee der Veranstalter, den Wettbewerb ein wenig aufzupeppen, erwies sich als goldrichtig und beflügelte zusätzlich die Stimmung an diesem Abend. Die Musikanten von "Dellhau'n" pusteten allen Staub weg, der sich in den Vorjahren abgelagert hatte. Und das ist durchaus wörtlich zu verstehen. Die aus der Holledau stammende Kapelle gab den bayerischen Blasmusiktönen eine schmissige Note, Salsa- und Jazzrhythmen kamen so pfiffig daher, dass es eine wahre Freude war, dabei zuzuhören. Wenn das die Gelegenheit ist, sich "auf listige Art dem Hopfenzupfen zu entziehen", wie Moderator Christian Springer witzelte, dann kann man nur sagen: "weiter so".

Die Besonderheit an Schafroths Auftritt war zweifellos der schöne Kontrast zwischen Kuhstall (Herkunft) und Bank (erlernter Beruf), den der gebürtige Allgäuer sowohl lyrisch als auch musikalisch so zu komprimieren verstand, dass er das Publikum zu wahren Beifallsstürmen hinriss. Da treffen die durchgestylte Lounge von Silke und Jörn und deren Einladung zum Essen auf die hartgesottenen Eigenarten des Allgäuers. Schafroth bringt dies auf den einleuchtenden Nenner: Reschtepfännle versus optisch perfekt aufbereitetem Magentratzerl. Doch auch die eigene Heimat bekommt ihr Fett weg, wenn Schafroth etwa das Publikum zum Sprachkurs animiert. "Wer das schafft", spottet er, "der schämt sich für nix mehr". Wie viel Power und Energie in dem eher schmächtigen Bürscherl stecken, zeigt sich ein ums andere Mal, zum Beispiel im rockigen Song vom Käsespätzlewilli. Da trifft Hüftschwung mit voller Breitseite auf Romadur.

Der Vorschlag des souveränen Moderators Christian Springer, "am besten wir vergeben drei Preise, dann sind wir auch schneller fertig", wäre auch den beiden Mitkonkurrenten Birr und Scharri gerechter geworden. Als Niederlage sind jedoch die Platzierungen zwei und drei keinesfalls zu verstehen. Tilman Birrs Mut, "als Frankfurter in Fürstenfeldbruck bayerisch mit einer grandiosen Bösartigkeit zu reden", wie Altinger so treffend formulierte, war eine Klasse für sich. Dazu spielt er hinreißend Gitarre. Sein Reinhard-Mey-Verschnitt über Berlin ohne Berliner, "da muss die Freiheit wohl grenzenlos sein", ist gnadenlos hinterfotzig.

Eine ganz starke Assoziation zum Poetry Slam verbreitete der Münchner Philipp Scharri. Er ist ein Sprachakrobat vor dem Herrn und stemmt sich vehement und erfolgreich gegen jede Art von Sprachverfall. Das Gedicht vom Verb, das ein Nomen sein wollte, entpuppt sich als die Geschichte vom aufmüpfigen Jungspund, der in seiner Sprachfamilie noch seine "Gänsefüßchen unter den Tisch streckt". Scharri bringt dabei das Kunststück fertig, individuelle Wortschöpfungen ohne ersichtlichen Zwang in Reime zu fassen. Mit großem schauspielerischen Können entführt er das Publikum in das Land der Worte, das bei ihm ein Land voller Poesie ist. Eine Reise, die man gleich spontan als nächsten Urlaub buchen möchte.

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