Jesenwang:Altes Ruhrgebiet beim Haspelsee

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Bodenfunde belegen die frühe Besiedlung der Jesenwanger Flur

In sechs Jahren kann Jesenwang seine erste urkundliche Erwähnung vor 1250 Jahren als Siedlung "Oasinwanc" feiern, aber was war davor? Eine Antwort auf diese Frage ist durch Oberflächen-Funde von Roswitha Spohd aus Fürstenfeldbruck offensichtlich etwas leichter geworden, denn die Hobby-Archäologin hat beim Durchstreifen frisch gepflügter und geeggter Felder im Bereich Wildmoos bei Jesenwang Funde aus der Steinzeit gemacht, die wieder ein Mosaikteilchen mehr Klarheit in das bisherige Bild von der frühen Siedlungstätigkeit in der Region bringen. Kreisheimatpfleger Toni Drexler und der Leiter der archäologischen Abteilung des Historischen Vereins für Fürstenfeldbruck und den Landkreis, Fritz Aneder, haben bei einem Vortrages zum Thema "Steinzeitmenschen, Kelten, Römer, Bajuwaren - von der frühen Bewohnern der Gegend um Jesenwang" die Funde zeitgeschichtlich eingeordnet.

"Frau Spohd, Sie haben der Erforschung der regionalen Frühgeschichte einen großen Dienst erwiesen", dankte die Vorsitzende des Historischen Vereins, Ulrike Bergheim. Auch Bürgermeister Erwin Fraunhofer zeigte sich überglücklich, denn die Relikte-Sucherin schenkte einen Teil ihrer Funde der Gemeinde. Diese sind in einer Vitrine im Bürgerforum im Obergeschoß des Feuerwehrgerätehauses zu besichtigen. Der Historische Verein erläutert auf einer Tafel die Speerspitzen, Hau- oder Feuersteinen. "Sieben Tage dauerte die Schöpfung, am 8. Tag verteilte Gott die Bodendenkmäler und da dürfte Jesenwang bei den ersten gewesen ein, die hier gerufen haben", scherzte Drexler, um darauf hinzuweisen, dass sich in keinem anderen Gebiet im Landkreis durch Bodenfunde nahezu eine lückenlose Besiedelung nachweisen lässt: von der Zeit der Jäger und Sammler vor 8 bis 10000 Jahren bis in die Neuzeit. Drexler hatte vor Jahren am Rande des einstigen Haspelsees, der zum Haspelmoor verlandete, eine Vielzahl steinerner Zeugnisse aus der frühen Steinzeit gefunden und damit nachgewiesen, dass sich dort zeitweise Menschengruppen niederließen, vermutlich weil es im Wasser Fische und Muscheln, in der tundraartigen Umgebung viel Wild und im Uferbereich Wasservögel gab, die als Eiweißlieferanten dienten. Die Spohd-Funde verfeinern dieses Bild dahingehend, dass die temporäre Siedlung am Haspelsee vermutlich die Hauptstation der Halbnomaden war, die am Wildmoos eine ihrer "Dependancen" hatten, wie man sie auch bei Purk und Eismerszell vermute. Das Wildmoos-Biotop habe damals als kleiner Schmelzwassersee der Eiszeit wie der Haspelsee beste Lebensgrundlagen geboten. Bei seiner Zeitreise durch die Jahrtausende zeigte Drexler auf, dass Funde belegen, dass die Gegend seit jeher begehrtes Siedlungsgebiet war und in der frühen Eisenzeit die Region zwischen Wildmoos und Jesenwang durchaus als "kleines Ruhrgebiet" bezeichnet werden könnte. Von der frühen Keltenzeit über die Römer bis zu den Bajuwaren, lasse sich ohnehin eine Besiedelung nachweisen. Aneder erläuterte zudem, dass Feldbegehungen ein wichtiges Hilfsmittel der Archäologie seien und oft erste Hinweise auf Siedlungen und Gräberfelder lieferten. Überdies ließen sich durch solche Funde häufig Bodendenkmäler bestätigen, von denen es bislang nur Vermutungen gab, die auf Bewuchsmerkmalen und Luftbildern basierten. Feldbegehung ohne Sonde und ohne zu graben sei erlaubt.

© SZ vom 23.08.2017 / mann - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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