Zora kann die Zeiten als Versuchshund wohl nicht ganz abhaken, und manchmal versteht sie das Vorkosten komplett falsch. Statt in homöopathischen Dosen die neueste Kreation an Leckerlis aus der Backstube zu genießen, verschlingt sie auf einen Schwupp gleich die Arbeit von mehreren Stunden. Und wenn wieder einmal ein Zweibeiner vergessen hat, die Tür zur Hundebäckerei abzuschließen, zählt das zu den Sternstunden für Zora. Denn natürlich werden in der Hundebäckerei keine Hunde gebacken, sondern Gebäck für Hunde. Insgesamt 22 Sorten entstehen an den "Backtagen" zwei bis drei Mal pro Woche in dem kleinen Betrieb von Natalie Dillitzer in der Dachauer Straße.
Ein altes Rührwerk aus der ehemaligen DDR bewegt den Teig in der Backstube gleichmäßig, eine Ausrollmaschine und Schablonen sind ebenfalls vorhanden, die Bleche im Backofen sind mit Schnecken und Plätzchen im Miniformat belegt. Es sieht aus wie zu Weihnachten, nur, es riecht anders. Nach Leberwurst, Käse und Fleisch, einfach etwas herzhafter. Für Außenstehende mag sich das alles ziemlich ungewöhnlich anhören, aber Natalie Dillitzer sieht ihre Bäckerei als Service für ihre Kunden und grundsätzlich pragmatischer. "Die Besitzer wollen verwöhnen", sagt sie. Und neben dem Spaßfaktor funktioniere die Erziehung der Tiere am besten mit kleinen Belohnungen. Für die Details in der Backstube ist vor allem Sabine Dillitzer verantwortlich, die sich immer wieder neue Kreationen ausdenkt und entwickelt.
Der Umsatz mit den Leckerlis macht denoch nur rund zehn Prozent von Natalie Dillitzers Firma "Futtermedicus" aus. Die Hauptarbeit für die Tierärztin besteht in Fachvorträgen und überwiegend in der Ernährungsberatung für Hund und Katz. Diese Dienstleistung ist ein Nischenbereich, um den sich sonst allenfalls Universitäten kümmern. Die Beratung von Natalie Dillitzer wird häufig aus prophylaktischen Gründen in Anspruch genommen und wenn Krankheiten, Allergien oder Mangelerscheinungen auftreten.
"Rund ein Drittel der Tiere sind übergewichtig", hat die Beraterin außerdem festgestellt. Das Thema Futter sieht sie ganz neutral. "Grundsätzlich ist jede Fütterung möglich", sagt Natalie Dillitzer, "wenn nur die Zusammenstellung stimmt". Aber meistens fehlten in der Tiernahrung häufig Kalzium und Spurenelemente wie Kupfer, Zink und Jod.
Früher hat das die Natur selbst geregelt, als Beutetiere noch komplett verschlungen wurden. Davon sind Hunde und Katzen mittlerweile allerdings meilenweit entfernt. So gibt es nicht wenige Hunde- oder Katzenbesitzer, die für ihren Liebling extra kochen, und "wer selbst im Reformhaus einkauft, tut das auch für seinen Vierbeiner", sagt Dillitzer. Die eingeschickten Ernährungspläne überprüft die Veterinärin, berechnet dem Alter und Gewicht entsprechend die Kochrationen. So benötigen etwa Blindenhunde, wegen der höheren, mentalen Leistung, mehr Kalorien.
Wer natürliche Fütterung konsequent durchziehen wolle, müsse noch Ergänzungsstoffe wie Seealgen, Knochenmehl, Lebertran und Innereien zugeben, sagt Natalie Dillitzer. Um dies zu vereinfachen, hat die Tierärztin passende Mineralzusätze entwickelt. Der Anspruch, nur "regionale Produkte" zu verwenden, lässt sich freilich nicht immer erfüllen. Bei Futter für Allergiker, die an chronischem Durchfall und Juckreiz leiden können, wird beispielsweise getrocknetes Strauß-, Känguru- oder Hirschfleisch verarbeitet.
In den sechs Jahren, seit es die Firma in Fürstenfeldbruck gibt, ist der Kundenstamm bereits auf 5000 angewachsen. Um dieser Nachfrage gerecht werden zu können, beschäftigt der Betrieb mittlerweile sieben Mitarbeiter. Der Vertrieb läuft hauptsächlich über das Internet, geliefert wird in ganz Deutschland und ins benachbarte Ausland. Der Platzmangel in der Dachauer Straße soll demnächst mit einem Umbau der alten Steinmetzwerkstatt behoben werden. Neben Büro- und Ausstellungsräumen sind eine "Probierstube" und ein "Eventstudio" geplant. Ob da wohl Hundefeste stattfinden? Für ein solches wurde in der Backstube erst kürzlich eine Hundetorte bestellt. Irgendwie schräg? Vielleicht. Aber das lässt sich noch toppen. Auf der "Interzoo" hat Dillitzer erst kürzlich etwas "Schrilles" entdeckt. Ein Hochzeitskleid für Hunde.